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Debütroman im Selfpublishing: Fazit, Teil 2

Trotzdem, nach über einem Jahr Auseinandersetzung mit der Buchszene meine ich, unterschiedliche Marktstrukturen für Verlagsveröffentlichungen und einem Debütroman im Selfpublishing zu erkennen.

Nach dem, was ich gesehen und erlebt habe, ist das Interesse an Debütautoren bei den größeren und großen Verlagen beschränkt bis nicht vorhanden. Diejenigen, die hier mit ihrem ersten Buch veröffentlicht werden, haben entweder an anderer Stelle literarisch auf sich aufmerksam gemacht, oder wenigstens ihr Name ist so bekannt, dass er als Verkaufsargument Relevanz besitzt. Überspitzt könnte man sagen: Indem die Verlage erst mit hochpreisigen gebundenen Ausgaben, Hörbüchern und unwesentlich günstigeren eBooks den Rahm abschöpfen und dann Monate später das billigere Taschenbuch nachschieben, bedienen sie eine bibliophile Gruppe von Lesern, die literarisch hohe Ansprüche und einen Bücherschrank hat, in dem diese Kleinode der Schreibkunst langfristig ihren Platz finden.

Die Buchhandlungen stützen zumindest unterbewusst diese Abschottung. Sie stöhnen sowieso unter der kaum zu bewältigenden Menge von Verlagsveröffentlichungen und haben ebenfalls wenig Interesse an noch mehr Büchern, die im Zweifel aufwändig bestellt werden müssen und nicht remittierbar sind.

Der Bereich des Selfpublishing hat eine Art Parallelwelt dazu entwickelt. Der „professionelle“ Teil dieser Szene besteht aus langfristig erfolgreichen Selfpublishern, die nicht daran denken, sich mit einem Verlag einzulassen und eine völlig andere Zielgruppe im Visier haben. Oft erscheinen ihre Bücher ausschließlich als eBook im Niedrigpreissegment. Außerdem sind diese eindeutigen Genres zuzuordnen, überwiegend Fantasy, Science-Fiction, Romance oder Thriller. Wichtiges Erfolgselement ist der Seriencharakter. Das Identifikationspotenzial bleibt dem Leser über das Ende des einzelnen Buchs erhalten, wobei die Mehrzahl der Leser Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren sind.

Wer sich jetzt an die Blütezeit der Bastei-Heftromane in den 60ern und 70ern mit Silvia-Gold, Courths-Mahler, Perry Rhodan oder Jerry Cotton erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Die Ähnlichkeit findet sich dabei mehr in der einfachen Lesbarkeit und in den vorhersehbaren Geschichten als im Umfang, der bei den Heftromanen ja knapp bemessen war.

Das mag auf den ersten Blick überspitzt und ein wenig arrogant klingen, aber mein Eindruck wurde immer wieder bestätigt. So erzählte mir Herr Zum Winkel während seiner einstündigen „Kreativberatung“, wie er es nennt, von einem Selfpublisher, der pro Jahr sieben Bücher schreibt und damit 70 TSD EUR pro Monat verdient. Egal ob das stimmt oder ob da bei ihm ein paar Zahlen durcheinander geraten sind, der Satz „Masse statt Klasse“ bekommt hier nochmals eine ganz andere Dimension.

Zwischen diesen beiden Welten klafft eine Lücke. In der finden sich die Debütautoren wieder, die in ihrem Roman eine eigene Geschichte erzählen, welche sich weder einem eindeutigen Genre zuordnen lässt, noch im Blick auf eine definierte Zielgruppe konzipiert ist.

Das Selfpublishing hat die Buchszene ohne Zweifel demokratisiert. Heute kann jeder einen Roman oder ein Sachbuch schreiben und veröffentlichen. Aber das ist nur die halbe Sache. Ein Buch will auch verkauft und gelesen werden, und da ist gar nichts mehr demokratisch. Da herrschen bestehende Strukturen und der Markt.

In der Konsequenz verheißt das für den Autor eines Debütromans mit literarischem Anspruch nichts Positives. Ohne Namen, Referenzen oder Verbindungen hat er bei den Verlagen keine realistische Chance, und als Selfpublisher bewegt er sich in einem Marktumfeld, das ihm bestenfalls mit Neugier, schlechtestenfalls mit Missachtung begegnet.

Aha, da schreibt einer, der sich mit dieser misslichen Situation auskennt. Richtig! Wenigstens etwas. Chicago-Chevy-Charleston verkauft sich zwar, aber weit entfernt von vierstelligen Absatzzahlen, ab denen es bei Verlagen erst wirtschaftlich wird. Immerhin bin ich kein Verlag, und das Buch ist erst seit einem halben Jahr auf dem Markt. Da geht noch was.

Außerdem habe ich den Vorteil, einen erheblichen Teil meines Erfolgs über die persönliche Befriedigung definieren zu können, die ich während des Schreibens und dem Veröffentlichen des Romans erfahren habe.

Nichtsdestoweniger überlegt der Autor, aber auch der Verkäufer in mir, was er bei einem eventuellen weiteren Buch besser machen könnte. Die Situation ist schon mal eine andere. Es ist das zweite Buch und damit kein Debüt. Es gibt Rezensionen und es gibt Verkaufszahlen vom Erstlingswerk, die eine Hochrechnung erlauben, wie diese bei einem Verlagsvertrieb ausgesehen hätten. Ich denke oder ich hoffe, dass so die Reaktion bei den Verlagen positiver wäre. Jedenfalls würde ich deutlich früher auf eine Literaturagentur zugehen, also bereits zu einem Zeitpunkt, wenn der Plot, ein ausgefeiltes Exposé und vielleicht die ersten beiden Kapitel vorliegen. Sollte es dann wieder nichts werden, bleibt die Option, das ganze Projekt auf den Prüfstand zu stellen, bevor es richtig an die Arbeit geht.

Auf keinen Fall werde ich mir einen Protagonisten basteln, der für eine Buchserie in einem gängigen Genre taugt.

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EPILOG

Vor wenigen Tagen habe ich meine befreundete Buchhändlerin getroffen. Sie erzählte von einer Kundin, die mein Buch gekauft hatte. Die Dame wäre eine Woche später wiedergekommen und hätte gefragt, ob sie sich daran erinnern könnte, dass sie dieses Buch gekauft hätte?

»Und, fand sie es furchtbar und wollte es umtauschen?«, fragte ich meine Bekannte.

»Im Gegenteil. Sie war völlig begeistert und fragte, ob es mehr von dir gäbe oder wenigstens was Ähnliches!«

Was will ein Debütautor mehr …

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Roman im Selfpublishing: Fazit, Teil 1

Mein Entschluss, einen Roman im Selfpublishing zu schreiben, kam spontan. Oder sagen wir, er entwickelte sich innerhalb weniger Tage. Eine echte „reifliche Überlegung“ war gar nicht möglich, weil ich überhaupt keine Ahnung hatte, auf was ich mich einließ. Es gab eine Geschichte, und Schreiben bereitete mir schon immer Freude. Was also hatte ich zu verlieren? Nichts! Höchstens ein bisschen Zeit.

Jetzt, nach mehr als einem Jahr, weiß ich, ich wollte keinen Moment der Arbeit missen. Ja, beim ersten Buch würde ich sogar fast alles wieder so machen, wie es gelaufen ist. Bei mir hat der erfolgreiche Abschluss dieses großen und komplexen Projekts ein Gefühl tiefer Befriedigung ausgelöst. Es geht ja nicht nur um das fertige Werk, sondern auch um die Veränderungen in einem selbst. Das Selbstvertrauen für Projekte dieser Art wächst und die gute Laune auch. Und das Buch kommt auf die Liste der Dinge, die einen überdauern – selbst wenn es nur das Pflichtexemplar in der Nationalbibliothek ist.

Über diese emotionalen Momente hinaus spielen auch andere Aspekte eine Rolle. Ich empfand es als spannend und bereichernd, sich auf eine Branche einzulassen, die ich nur vom Hörensagen kannte. In meinem Berufsleben war ich mit den unterschiedlichsten wirtschaftlichen Zweigen und Prozessen konfrontiert, darunter auch im kreativen Bereich, nämlich Film. Die Buchbranche hat da eine ganze Reihe neuer Perspektiven und Erfahrungen hinzugefügt.

Das betrifft einerseits die Literaturagenturen und Verlage, andererseits die Szene des Selfpublishing. Die innere Ansicht von Agenturen und Verlagen blieb mir zwar verwehrt, aber die paar Berührungspunkte von Außen und das, was mir bei Recherchen unterkam, hat ein Bild entstehen lassen, das ich so nicht kannte.

Außerdem komme ich als Autor von einem Roman im Selfpublishing gar nicht umhin, mich um Details zu kümmern, die sonst Aufgaben der Verlage sind. Ich rede insbesondere von sachbezogenen Arbeiten wie Korrektorat, Coverlayouts und Druckvorbereitung. Das empfand ich ausgesprochen lehrreich, weil es die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten wieder auf ein gesundes Maß zurechtstutzt. Ich hielt mich zum Beispiel in Rechtschreibung immer für ziemlich kompetent. Hier in der Praxis gab es allerdings eine Menge von Dingen, die ich nicht wusste oder beherrschte, woran nicht nur die diversen Rechtschreibreformen Schuld tragen. Gott sei Dank gibt es den Duden, der so gesehen unbedingt auf die Liste der hilfreichen Bücher gehört.

Was die alternativen Wege Verlagsveröffentlichung oder Selfpublishing angeht, bin ich immer noch indifferent, vor allem, wenn ich von Debütautoren im Allgemeinen ausgehe. Beide Wege haben Vorteile.

Das Selfpublishing bietet die Möglichkeit, den vollständigen Weg eines Buchs kennenzulernen. Vom Entwickeln einer Geschichte über das Schreiben, die Druckvorbereitung und den Verkauf bis hin zum begleitenden Marketing. Für diejenigen, die Bücher bisher nur als Leser kannten, ist es ein umfassender Blick auf die andere Seite.

Konkret ist man mit einem Roman im Selfpublishing erheblich schneller als ein Verlag, auch weil alle Entscheidungen beim Autor liegen, was ebenfalls ein Vorteil ist. Die relativen Tantiemen pro Buch sind deutlich höher. Was den absoluten Betrag angeht, so hängt der natürlich von der verkauften Stückzahl ab.

Ein Buchverlag wiederum bietet professionelle Begleitung der kreativen Arbeit: Dramaturgie, Stil, Lektorat, Korrektorat, verkaufskompatible Titelauswahl und Covergestaltung. Vor allem die Einflussnahme auf Titel und Cover mag mancher Autor als Eingriff in die persönliche Gestaltungsfreiheit sehen, aber alles andere ist eine deutliche Erleichterung. Das schont übrigens auch die Finanzen derjenigen, die sich ein Korrektorat oder die Druckvorbereitung nicht zutrauen und diese Arbeiten an einen Dienstleister nach Außen geben.

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Die Literaturagenturen und ihre Rolle

Spätestens jetzt müssen wir über die Literaturagenturen bzw. die Literaturagenten sprechen. Die sind eine Art Mittler zwischen Autoren und Verlagen, wobei sie zunächst die Interessen der Autoren vertreten. Diese Dienstleistung lassen sie sich mit 10–15% der von den Verlagen bezahlten Autorentantiemen vergüten. Die Agenten handeln die Buchverträge aus und prüfen die Tantiemenzahlungen vor Weitergabe an die Autoren. Je nachdem kümmern sie sich um Zweitverwertungen wie den Verkauf von Filmrechten und ggf. um fremdsprachige Buchausgaben, wenn diese Rechte nicht an den Verlag gegangen sind. Die Autoren haben damit einen professionellen Partner, der den Verlagen auf Augenhöhe begegnet und ihnen eine Menge bürokratische Vorgänge abnimmt. Die Verlage wiederum haben so in fast allen Belangen einen Ansprechpartner, den sie kennen und der damit auch ihnen die Arbeit erleichtert bzw. den Aufwand reduziert.

Die Literaturagenturen und Agenten sind außerdem intensiv in die inhaltliche und kreative Arbeit eingebunden. Die Verlage nehmen lieber von den Agenten Buchvorschläge entgegen als von den Autoren, weil damit klar ist, dass die Agentur diesen Autor vertreten würde. Und das macht diese nur, wenn sie von ihm bzw. dem Manuskript überzeugt ist. Die Akquisition von neuen Autoren spielt sich also weitgehend auf einer vorgelagerten Stufe ab. Das ist für die Einreichung von Manuskripten wichtig, weil sich damit neue Ansprechpartner ergeben. Formal sind die meisten Verlage laut ihren Webseiten immer noch bereit, unter gewissen Voraussetzungen Einreichungen zu bearbeiten, in der Praxis macht es aber mehr Sinn, sich gleich an eine der vielen Literaturagenturen zu wenden.

Die Angelegenheit wird damit keineswegs einfacher. Auch die Literaturagenten kümmern sich hauptsächlich um ihre Bestandsautoren. Sie haben weder Zeit noch Lust, sich intensiv mit den Bergen von unverlangten Manuskripten auseinanderzusetzen, die täglich in ihren Posteingang hereinschwappen. Neue Autoren finden sie eher durch Netzwerken, durch aufmerksames Verfolgen der Literaturszene und bei öffentlichen Lesungen. Im Übrigen bewegen sich die Informationen und Bedingungen zu unverlangten Einsendungen auf demselben Level wie bei den Verlagen – inklusive der bis zu drei Monate Wartezeit, innerhalb derer theoretisch eine positive Nachricht erfolgen könnte.

Böse Zungen behaupten, diese drei Monate seien den Abständen geschuldet, in denen die verlags- oder agentureigenen Praktikanten sich der aufgelaufenen Stapel von Einreichungen annehmen und diese im Schnellverfahren abarbeiten müssen. Da bleiben wenige Minuten für jedes Exposé oder Manuskript. In denen wird entschieden, ob eine Arbeit von Monaten literaturpreisverdächtig erscheint oder gleich im Papierkorb landet. Der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung ist nicht geklärt, aber wenn es stimmt, wunderte es mich nicht.

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Der Buchverlag, das unbekannte Wesen

Wie ein Buchverlag arbeitet, darüber machen sich Debütautoren meist falsche Vorstellungen. Aber das Schreiben des ersten Buchs stellt in vielerlei Hinsicht einen Lernprozess dar. Das ist wichtig zu wissen (oder zu erinnern), weil jeder Debütautor etwas gewinnt, selbst wenn niemand sein Buch kauft. Er gewinnt an Erfahrung und an Wissen, wie manche Dinge laufen.

Zum Beispiel kapiert man an einem bestimmten Punkt, dass ein Buchverlag nicht lauter verträumte Menschen sind, die sich vergeistigt in mehr oder weniger literarischen Manuskripten verlieren, die mit der Post kommen. Wir reden vielmehr von einem Wirtschaftsunternehmen mit genauen Vorstellungen von dem Produkt, das es verkaufen möchte. Der wichtigste Produktionsfaktor (unfreundlich ausgedrückt) sind dabei die Autoren, mit denen der Buchverlag schon zusammenarbeitet und die leserkompatible Manuskripte im gesetzten Zeitrahmen abliefern. Außerdem die erfolgreichen Autoren, die der Verlag gerne hätte, die aber an anderer Stelle bereits untergebracht sind. Wenn es fremdsprachliche Autoren sind, kann man sich immerhin um die Übersetzungsrechte bemühen.

Am allerwenigsten interessieren einen Buchverlag Autoren, die noch nie etwas veröffentlicht haben und die deshalb auch niemand kennt. Und ausgerechnet die schicken in großer Zahl und unverlangt fertige und halbfertige Manuskripte oder zumindest Exposés. Glaubhafte Informationen sprechen von täglichen Einsendungen in mittlerer zweistelliger Zahl bei den großen Publikumsverlagen. Das ist für alle Beteiligten ein Problem.

Nahezu alle Verlagshäuser informieren auf ihren Webseiten im Impressum bzw. unter den Kontakten über ihre diesbezüglichen Regularien. Die sind unterschiedlich, enden aber fast alle mit einer Beschränkung der schieren Menge an Wörtern, die als Exposés, Leseproben etc. geschickt werden dürfen. Einige sind so ehrlich zu sagen, dass sie keine unverlangten Einsendungen akzeptieren und die, die dennoch kommen, ungelesen löschen bzw. ins Altpapier entsorgen. Das klingt hart, ändert aber nichts daran, dass die Mehrzahl der Einsendungen bei den anderen genau das gleiche Schicksal erleiden, nur auf Umwegen.

Teil der Information ist fast immer, nur bei Interesse käme eine Antwort und diese brauche üblicherweise bis zu drei Monate. Gerne verbunden mit dem Hinweis, man solle doch bitte mitteilen, welche anderen Verlage den Text auch bekommen haben. Stellt sich zunächst die Frage, warum die Sichtung eines Texts Monate dauert und nicht Tage oder wenigstens Wochen. Die eigentliche Arbeit wird ja nicht weniger. Weiterhin fängt man an zu grübeln, ob die Wahrheit, nämlich parallele Einsendung an mehrere Verlage, zur sofortigen Disqualifikation führt bzw. die Unwahrheit (»nein, nein, nur an Sie! Sie sind der einzige Verlag, der in Frage kommt«) noch schlimmer ist, weil die Verlagshäuser interne Listen über Einreichungen austauschen. Ich wage die Behauptung, diese Zeit und Mühe investieren sie nicht.

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