Kein Buchverlag, aber eine alte Buchhandlung in Paris

Der Buchverlag, das unbekannte Wesen

Wie ein Buchverlag arbeitet, darüber machen sich Debütautoren meist falsche Vorstellungen. Aber das Schreiben des ersten Buchs stellt in vielerlei Hinsicht einen Lernprozess dar. Das ist wichtig zu wissen (oder zu erinnern), weil jeder Debütautor etwas gewinnt, selbst wenn niemand sein Buch kauft. Er gewinnt an Erfahrung und an Wissen, wie manche Dinge laufen.

Zum Beispiel kapiert man an einem bestimmten Punkt, dass ein Buchverlag nicht lauter verträumte Menschen sind, die sich vergeistigt in mehr oder weniger literarischen Manuskripten verlieren, die mit der Post kommen. Wir reden vielmehr von einem Wirtschaftsunternehmen mit genauen Vorstellungen von dem Produkt, das es verkaufen möchte. Der wichtigste Produktionsfaktor (unfreundlich ausgedrückt) sind dabei die Autoren, mit denen der Buchverlag schon zusammenarbeitet und die leserkompatible Manuskripte im gesetzten Zeitrahmen abliefern. Außerdem die erfolgreichen Autoren, die der Verlag gerne hätte, die aber an anderer Stelle bereits untergebracht sind. Wenn es fremdsprachliche Autoren sind, kann man sich immerhin um die Übersetzungsrechte bemühen.

Am allerwenigsten interessieren einen Buchverlag Autoren, die noch nie etwas veröffentlicht haben und die deshalb auch niemand kennt. Und ausgerechnet die schicken in großer Zahl und unverlangt fertige und halbfertige Manuskripte oder zumindest Exposés. Glaubhafte Informationen sprechen von täglichen Einsendungen in mittlerer zweistelliger Zahl bei den großen Publikumsverlagen. Das ist für alle Beteiligten ein Problem.

Nahezu alle Verlagshäuser informieren auf ihren Webseiten im Impressum bzw. unter den Kontakten über ihre diesbezüglichen Regularien. Die sind unterschiedlich, enden aber fast alle mit einer Beschränkung der schieren Menge an Wörtern, die als Exposés, Leseproben etc. geschickt werden dürfen. Einige sind so ehrlich zu sagen, dass sie keine unverlangten Einsendungen akzeptieren und die, die dennoch kommen, ungelesen löschen bzw. ins Altpapier entsorgen. Das klingt hart, ändert aber nichts daran, dass die Mehrzahl der Einsendungen bei den anderen genau das gleiche Schicksal erleiden, nur auf Umwegen.

Teil der Information ist fast immer, nur bei Interesse käme eine Antwort und diese brauche üblicherweise bis zu drei Monate. Gerne verbunden mit dem Hinweis, man solle doch bitte mitteilen, welche anderen Verlage den Text auch bekommen haben. Stellt sich zunächst die Frage, warum die Sichtung eines Texts Monate dauert und nicht Tage oder wenigstens Wochen. Die eigentliche Arbeit wird ja nicht weniger. Weiterhin fängt man an zu grübeln, ob die Wahrheit, nämlich parallele Einsendung an mehrere Verlage, zur sofortigen Disqualifikation führt bzw. die Unwahrheit (»nein, nein, nur an Sie! Sie sind der einzige Verlag, der in Frage kommt«) noch schlimmer ist, weil die Verlagshäuser interne Listen über Einreichungen austauschen. Ich wage die Behauptung, diese Zeit und Mühe investieren sie nicht.

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