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Buchblogs

Buchblogs schienen mir als eine plausible Möglichkeit, Besprechungen zu meinem Buch zu bekommen. Leseexemplare des eigenen Buchs an Zeitungsrezensenten zu schicken, ist Zeit- und Portoverschwendung. Bei 70.000 Verlagsneuerscheinungen pro Jahr muss ein Selfpublisher auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stehen, um in diesen Sphären wahrgenommen zu werden. Bestenfalls macht das Buch in den Redaktionen die Praktikanten glücklich, oder es landet gleich in der Tonne, auch ohne Denis Scheck. So weit meine Vermutung.

Eine alternative Möglichkeit, Öffentlichkeit herzustellen, sind Buchblogger. Von denen gibt es im deutschsprachigen Raum viele Hundert, was die Sache schwer überschaubar macht. Tatsächlich erleichtert wird die Angelegenheit dadurch, dass die meisten auf ihren Webseiten eine sogenannte Blogroll stehen haben. In der ist aufgelistet, welche anderen Buchblogs sie lesen bzw. empfehlen. Die Szene ist jedenfalls intern gut vernetzt. Abgesehen davon, dass die Blogger sich damit gegenseitig Besucher auf die Seiten schicken, sind häufig genannte Blogs ein erster Anhaltspunkt für die eigene Recherche. Im Übrigen gibt es auch eine Webseite, auf der über 1.000 Buchblogs in einem Ranking gelistet sind.

Eine gute Filterwirkung zeigt sich bei Betrachtung der verschiedenen Genres, über welche die Buchblogger schreiben. Wie jeder Leser haben sie bestimmte Vorlieben. Der eine liest nur literarische Romane, manche sind auf Krimis und Thriller spezialisiert, wieder andere bloß auf Romance und Liebesgeschichten. Auffällig viele Blogs werden von Frauen geschrieben. Kein Wunder, dass da oft nur Frauenliteratur (was immer das ist) oder Bücher von weiblichen Autoren besprochen werden. Unter den Bloggern findet sich ebenfalls eine größere Anzahl Buchhändler und Journalisten. Auch nicht erstaunlich, weil die einen sowieso täglich mit Büchern zu tun haben und die anderen professionelle Schreiber sind.

Blogs kommunizieren gerne und vielfältig mit ihren Lesern. Sie informieren meist per Newsletter über neue Beiträge. Außerdem sind fast alle mindestens auf Instagram und Facebook zu finden. Manche twittern auch. Einige Blogs nennen die Menge der Newsletterabonnenten, die Zahl der Follower auf Instagram und Facebook ist immer sichtbar. Das sagt etwas über die Reichweite des Blogs aus (aber nicht, ob die Beiträge tatsächlich gelesen werden). Mit diesen Informationen lassen sich die Buchblogs schnell reduzieren auf solche, die für einen Autor interessant sind. Aber!

Aber viele Blogger wollen dein Buch gar nicht, auch wenn es zu der Auswahl passt, die auf ihrem Blog besprochen wurde. Buchblogger werden mit Anfragen oder Büchern überrannt. Von Selfpublishern sowieso, aber auch von Verlagen, seitdem diese wissen, welchen Einfluss Soziale Medien und Buchblogs haben.

Hinweise, was geht, finden sich für gewöhnlich auf der Kontakt-Seite oder im Impressum des Blogs. Da steht, ob und in welcher Form Anfragen für Buchbesprechungen gewünscht sind. Die meisten Blogger, so weit sie ihre Bücher nicht grundsätzlich selbst kaufen, wollenzunächst Unterlagen, in denen das Buch erkennbar beschrieben wird.

Für meinen Eindruck stehen Buchblogger den Selfpublishern ausgesprochen kritisch gegenüber. Manche begründen das explizit mit den stark vertretenen Genres Science-Fiction und Fantasy, die sie literarisch als minderwertig einstufen. Autoren solcher Bücher finden Trost bei den Bloggern, die sich ausschließlich damit beschäftigen. Die gibt es auch.

Hinter jedem Buchblog stehen Menschen. Und die sind wie alle, die in der Öffentlichkeit arbeiten, dankbar, wenn man ihnen mit Respekt begegnet. Ein persönliches Anschreiben mit freundlichen Worten, was man sich erhofft, wird auf mehr Wohlwollen treffen, als eine unverbindliche Mail, die an „Undisclosed Recipients“ adressiert ist – was klar erkennen lässt, dass mindestens 50 Adressen im Blindkopie-Feld stehen.

Nach Berücksichtigung all dieser Restriktionen, Filter und Blockaden blieben mir 39 Buchblogs, die ich in eine Excel-Liste packte mit Angeben zu Webseite, E-Mail, Inhaber und der Zahl ihrer Abonnenten auf den verschiedenen Kanälen. Dann kürzte ich das Exposé zu meinem Buch deutlich ein und verfasste ein Anschreiben, das ich auch heute, Monate später, exakt so verschicken würde. Darin schrieb ich, warum mir der jeweilige Blog aufgefallen war, ich stellte in zwei Sätzen mein Buch vor und bot an, ein Leseexemplar in gewünschter Form ohne jede Verpflichtung zu schicken. Zeit würde keine Rolle spielen, und wenn es zu keiner Besprechung käme, wäre das auch nicht schlimm. Im Übrigen stände ich mit Hintergrundinformationen oder für Autoreninterviews zur Verfügung. Bei acht der Blogs nahm ich speziellen Bezug auf Bücher, die sie unlängst besprochen hatten bzw. darauf, dass sie sich auf Debütromane spezialisiert hatten.

Ich war zufrieden mit meiner Arbeit und verschickte die Mails mit dem Exposé in der Anlage über eine Woche verteilt, damit ich nicht in der Menge begeisterter Antworten untergehen würde.

Es passierte nicht nichts. Aber auch nicht viel. Insgesamt bekam ich vier Antworten. Optimisten würden sagen: Immerhin 10% Rücklauf. Ich sehe das nüchterner. Von den vier Antworten waren zwei Absagen. Der Rest verharrte in Schweigen.

Zuerst das Positive: Zwei Blogger aus dem hohen Norden, Kiel und Rostock, zeigten sich interessiert und baten um ein Leseexemplar. Nicht ohne den Hinweis, dass es wegen umfangreicher ungelesener Buchstapel länger dauern könnte, bis es an die Reihe kommt. Kein Thema! Zwei Bloggerinnen schickten ausgesprochen freundliche Absagen. Beide wollten ihren Stapel ungelesener Bücher nicht noch höher werden lassen. Ja, das verstehe ich.

Nun das Negative: Von 35 Bloggern bekam ich nicht einmal eine Absage. Ich halte das für schlechtes Benehmen. Wenn sie, wie viele von ihnen behaupten, täglich Anfragen bekommen, sollte es nicht so schwierig sein, eine Standardabsage als Textvorlage zu haben, die man innerhalb von Sekunden über die Antworten-Funktion des Mailprogramms zurückschickt. Es wäre wenigstens ein kleines Zeichen von Respekt, abgesehen davon, dass der Autor danach weiß, woran er ist.

Eine Bloggerin aus Frankfurt hat sogar einen eigenen Benimm-Code für Autorenanfragen auf ihrer Webseite. Da geht es um „höfliche Ansprache“, Anschreiben in „ganzen Sätzen“ und „wir freuen uns wirklich über eure Mails“. Offensichtlich war die Freude doch nicht so groß. Jedenfalls kam auch von ihr keine Antwort.

Es ist also nicht so leicht, von der Blogger-Szene wahrgenommen zu werde, wie es zunächst scheint. Das Ganze erinnerte mich an meine Versuche, bei Literaturagenten gehört zu werden. Man muss sich immer sagen, dass man nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen hat. Und ohne ein Mindestmaß an Frustrationstoleranz sollte man gar kein Buch schreiben.

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