Die Entscheidung – Love Between the Pages (Schreibwettbewerb)

In wenigen Tagen, am 20. März 2024, erscheint eine Anthologie von 18 Romancegeschichten mit dem Titel »Love Between the Pages«.

Der Hintergrund dazu ist folgender: Im Juli 2023 lud BoD (Books on Demand) zur Teilnahme an einem Schreibwettbewerb mit dem Titel »Love Between the Pages« ein. Gefragt waren Kurzgeschichten, die (Zitat):

das Thema Buch beinhalten und im Gerne Romance oder Romantasy geschrieben sind. Das heißt, dass dein*e Protagonist*in zum Beispiel in einer Buchhandlung oder Bibliothek arbeitet, Leser*in oder Autor*in ist oder das Thema Buch eine zentrale Rolle spielt.

Bis zum Teilnahmeschluss am 15. September waren über 500 Einsendungen zusammengekommen, aus denen 15 ausgewählt wurden, um im Umfeld von drei »erfolgreichen Autorinnen« in dieser Textsammlung veröffentlicht zu werden. Unter diesen 500+ Autoren (und Autor*innen) war auch ich und habe – wie zu erwarten – keinen Stich gemacht.

Nun ist eine Chance von 3% nicht wirklich überzeugend, zum anderen muss sich die Jury verständlicherweise auch die Frage stellen, in wie weit die Texte zu den vorab feststehenden Geschichten der drei »erfolgreichen Autorinnen« passen. Und ich fürchte, spätestens da sind meine Erfolgsaussichten entgültig auf Null gefallen.

Zugegeben: Als jemand, dem Recherche nicht fremd ist, hätte ich mir mal zumindest die als erste genannte „erfolgreiche Autorin“ D.C. ODESZA genauer anschauen sollen. Auf Amazon steht (Zitat):

Der Name ist das Pseudonym einer jungen, deutschen SPIEGEL- und BILD-Bestseller-Autorin. Ihre Geschichten zeichnen sich durch tiefe Gefühle, sinnliche Momente, tiefbewegenden Handlungen und einem Hauch Spannung und Dunkelheit aus.

Die „Sinnlichen Momente“ wurden in Besprechungen früherer Bücher dieser Autorin in noch ganz andere Regionen geschoben, wo die Sternchen nicht nur zum Gendern benutzt werden. Hmm, wenn ich das gewusst hätte, …

… hätte ich meine Geschichte trotzdem geschrieben?

Definitiv ja. Ganz einfach, weil es ein gutes Thema ist, und ich heute, ein halbes Jahr später, meine Geschichte immer noch mag. Aber ich hätte früher wissen können, dass es das falsche Umfeld ist.

Nur am Rande: Keine gute Figur machte meines Erachtens die Kommunikation von BoD (Books on Demand). Nach Ablauf der Frist für die Einreichung war es nahezu unmöglich, Informationen zum Wettbewerb zu finden. Völlig undurchsichtig blieb, wie die Jury ausgewählt hat. Bei 500+Einsendungen wäre es schon angemessen gewesen, über die 15 „Gewinner“, sorry, „Gewinner*innen“ hinaus die insgesamt ersten 50 mit den höchsten Punktzahlen genannt zu bekommen. Auch wie sich bei den 15 Auserwählten die Bewertungen innerhalb der sechs „Juror*innen“ verteilt haben, bleibt im Dunklen. Im übrigen waren, zumindest den Namen nach, auch 14 der 15 Ausgewählten weiblich.

Egal, hinterher ist man immer klüger. Jetzt zur Sache. Hier meine erfolglose Einreichung zum Wettbewerb „Love Between the Pages“:

Die Entscheidung

Niemand las. Ihr Vater las den Koran, sonst nichts. Ihre Brüder lasen nicht. Nur sie las. Es war ihr Weg gewesen, genügend Deutsch zu lernen, um weiterhin in die Schule zu gehen. Jetzt stand sie kurz vor dem Abitur. Als Einzige in ihrer Familie und als Erste von allen Vorfahren, die nur noch im Kopf ihres Vaters präsent waren.

Ihre Mutter hatte die Flucht nicht überlebt. Aber selbst wenn, sie hatte nie lesen gelernt.

Aziza stand vor dem Schaufenster eines Reisebüros mit Plakaten, die Ferienhotels an der türkischen Küste zeigten. Sie wusste, welche Lügen sich hinter diesen Bildern verbargen. Ihr einziger Gedanke war: Nie wieder will ich dort hin. Ich war gezwungen, das kennenzulernen und weiß, wie es an anderen Ecken dieser Küste zugeht.

Sie rückte sich das Kopftuch zurecht. Ferienreisen empfand sie als ein fremdes Wort. Warum muss man irgendwo hinfahren, nur weil man Zeit dafür hat?

Sieben Jahre waren vergangen, seitdem die einzige Alternative Deutschland hieß. Ihre kränkelnde Mutter hatte den Verlust ihrer Heimat in Afghanistan nicht verwinden können und war den widrigen Umständen der Flucht nach Europa nicht gewachsen gewesen. Sie wollte nicht nach Deutschland und hatte beschlossen zu sterben.

Ihr Vater arbeitete jetzt als Busfahrer und lobte täglich Allah, diese Möglichkeit bekommen zu haben. In Afghanistan hatte er die Überlandverbindungen des größten regionalen Busunternehmens in Kabul organisiert. Verschiedene Welten. Ihre zwei Brüder waren in Ausbildung und beide gaben einen Teil ihres Verdienstes an den Vater ab. Sie, Aziza, ging aufs Gymnasium und hatte nichts zum Abgeben. Sie kostete nur.

Ihr Schulweg führte mit einem kleinen Schlenker an einer Buchhandlung vorbei, die ihr den täglichen Trost spendete. Sie liebte diesen Umweg, der sie höchstens fünf Minuten kostete, nicht gerechnet die Zeit, die sie die Auslage im Fenster anschaute. Immer wenn sie früh genug dran war, lief sie an der Buchhandlung vorbei und sog die Buchtitel und Bilder im Schaufenster in sich hinein. Es war jedes Mal eine Reise in unbekannte Welten. In die Vergangenheit, in die Zukunft oder in Länder, deren Namen sie höchstens kannte, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie es dort aussah.

Bücher kaufen kam nicht in Frage, in der Bücherei leihen schon. Die Coming of Age Geschichten ihrer Mitschülerinnen hatten irgendwann den Reiz verloren. Sie wollte Literatur. Also fragte sie eine Mitarbeiterin der Bücherei, die selbst ihrer Heimat, dem Iran, vor vielen Jahren den Rücken gekehrt hatte.

»Fang mit etwas an, wo du zumindest den Hintergrund kennst«, sagte die und empfahl ihr afghanische Schriftsteller wie Atiq Rahimi und Khaled Hosseini.

Mittlerweile hatte sie ihren literarischen Horizont erweitert. Nach Westen mit Autoren wie T. C. Boyle und nach Osten unter anderen mit Haruki Murakami. Sie versank völlig in den imaginären Welten dieser Geschichten. Sie lebte und fühlte mit den Protagonisten und fand Ablenkung und Trost vom eigenen eher eintönigen Alltag und der Traurigkeit, die sie manchmal erfasste. So waren Bücher gleichzeitig Trost und Flucht, Vergnügen und Freude.

Ihre Familie betrachtete sie als Exotin, ihre Mitschüler nannten sie Buchfreak.

Irgendwann hängt bei der Buchhandlung dieser Zettel im Fenster: Ferienaushilfe gesucht! Lieferungen auspacken und Regale auffüllen. Sie hat das noch nie gemacht und sie kennt die Blicke von Leuten, denen sie zum ersten Mal begegnet. Ein Kopftuchmädchen! Und schlimmer: die Arme!

Sie weiß, dass sie dieses Problem verfolgen wird. Warum sich nicht gleich damit konfrontieren lassen? Sie nimmt all ihren Mut zusammen, öffnet die Tür der Buchhandlung und geht hinein.

»Bist du schon 18? Wenn nicht, brauche ich die Unterschrift von deinen Eltern.«

»Ich bin 18. Ich musste ein Jahr Deutsch lernen, bevor ich am Gymnasium weiter machen konnte.«

»Und dein Ausweis sagt das auch? Wenn ich dich einstelle, muss ich den sehen.«

»Ja!«

Sie bekam den Job. Ihrem Vater erzählte sie nichts. Die Gefahr, dass er es ihr verbieten wollte, erschien ihr zu groß. Es waren drei Vormittage die Woche, jeweils ein paar Stunden, und abgesehen davon, dass er selbst arbeitete, hatte er Vertrauen zu ihr. Da sie seiner Meinung nach fast immer lernte, würde sie wohl auch in der Ferien lernen.

Es war wie eine Offenbarung. Tausende von Büchern. Leseexemplare, die sie für ein paar Tage mitnehmen durfte. Belesene Kolleginnen, mit denen sie sich danach über diese Neuerscheinungen austauschen konnte. Sie liebte es. Meistens kam sie früher als vereinbart und blieb auch länger, was ihr scheinbar tadelnde Blicke der Chefin einbrachte. Es war wie ein Wohnzimmer, das sie selbst für sich eingerichtet hatte.

An einem Tag stand sie vor dem Regal mit Kriminalromanen und Thrillern. Überhaupt nicht ihr Ding, aber darauf kam es nicht an. Es war die Kategorie, in der Kunden beim Suchen die meiste Unordnung schafften, und sie sortierte gerade neu.

Ein Stück hinter ihr standen eine Kollegin und zwei Männer, die sich auf Dari unterhielten. Unauffällig drehte sie den Kopf. Sie sahen aus, als seien sie aus dem Iran. Die Sätze klangen ähnlich wie das Paschtu, das Vater noch manchmal mit ihr sprach. Dialekte. Wie Deutsch und Österreichisch, dachte sie.

Die Blicke ihrer Kollegin verrieten völlige Hilflosigkeit, obwohl die beiden Kunden auch versuchten, ihre Wünsche in Englisch zu äußern.

Sie ging hin und übersetzte. Ihr war rasch klar, was die zwei wollten. Sie übernahm das Gespräch, beriet sie und verkaufte ihnen mehrere teure Bildbände als Geschenk für zuhause. Dieser Erfolg hatte den Charakter eines Ritterschlags.

Ab diesem Moment wurde sie offensiver. Nicht, dass sie sich aufdrängte. Aber wenn sich Kunden in einsame Ecken der Buchhandlung verirrten, wo sie gerade ihrem Job nachging, bot sie ihre Hilfe an. Die Begeisterung ihrer Kolleginnen hielt sich in Grenzen, doch es verbot ihr auch niemand.

Einmal kam ein Mann ins Geschäft und ging direkt an die Kasse, hinter der die Inhaberin stand. Er wolle sich nur bedanken. Die drei Bücher, die ihm vor zwei Tagen empfohlen worden waren, seien exakt das, was er gesucht hatte. 

»Wer hat Sie denn beraten?«, fragte sie erfreut.

»Den Namen kenne ich natürlich nicht. Aber es war die junge Frau mit …«, er räusperte sich, »… die mit dem Kopftuch.«

Aziza besuchte ein Wirtschaftsgymnasium und kannte sich mit Marketing aus. Und sie hatte das Gespräch mitbekommen. Das also ist mein Alleinstellungsmerkmal, ging ihr durch den Kopf. Immerhin besser, als wenn man sich gar nicht an mich erinnert. Aber gut fand sie das nicht.

Ihr nächster Arbeitstag war in der Woche darauf. Sie hatte das ganze Wochenende darüber gegrübelt und war noch immer nicht zu einer endgültigen Entscheidung vorgedrungen.

Sie begann mit ihren Routinearbeiten, es waren auch keine Kunden da. Aber selbst für die einfachsten Handgriffe fehlte ihr die nötige Konzentration. Eine innere Stimme sagte: So geht das nicht weiter und für den Fortgang der Welt hat das, was an dir nagt, keinerlei Bedeutung.

 Also gab sie sich einen Ruck, ging in den Personalraum und stellte sich vor den Spiegel über dem Waschbecken. Langsam entwirrte sie den Stoff, dann zog sie das Kopftuch herunter. Kurz überkam sie eine Welle von Erregung, die aber sofort wieder abklang. Du hast ein Ziel, sagte sie sich. Verliere dich nicht in Gefühlen.

Sie klopfte bei der Chefin. »Die Tür ist offen«, tönte es von innen.

Aziza trat ein und ging nach vorne zum Schreibtisch. Die Leiterin der Buchhandlung war offensichtlich echt überrascht. »Was ist denn mit dir los?«, sagte sie und schaute mit einer Mischung aus Überraschung und Gefallen auf Azizas gelockte Mähne, die sich über ihre Schultern ergoss.

»Ich möchte mehr mit Kunden arbeiten«, sagte Aziza. »Ich höre seit Wochen am Rande die Kundengespräche und ich weiß, ich kann das auch. Und nicht nur mit Leuten aus meiner Heimat.«

»Dafür musst du nicht unbedingt das Kopftuch weglassen. Dir ist schon klar, dass das eine Entscheidung ist, die weit über deine Arbeit hier in der Buchhandlung hinausgeht?«

Aziza nickte und wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Ja, das ist mir klar. Aber egal, für was ich mich entscheide, mit beiden Möglichkeiten bin ich im Zweifel. Und die hier«, dabei deutete sie auf ihre schwarze Mähne, »kenne ich noch nicht. Wenn ich nach der Arbeit hier rausgehe, ziehe ich es sowieso wieder an.«

Die Chefin schaute sie eine Weile an und überlegte. »Du bist wirklich mutig. Und du bist in der Tat nicht jemand, der nur Regale einräumen sollte.« Sie schwieg erneut einen Augenblick und fuhr dann fort. »Wir probieren das. Du machst zunächst weiter wie bisher. Und wenn es draußen eng wird, kommst du dazu. Und dann sehen wir, wie sich das entwickelt.«

Aziza nickte. »Danke. Das ist wunderbar. Wunderbar, dass Sie mir das zutrauen. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«

Das anfängliche Empfinden einer Blöße wich schneller, als sie erwartet hatte. Sie fühlte sich ernster genommen. Wenn sie bediente, mochten die Kunden sie. Das gab ihr ein völlig neues, gutes Gefühl. Sie zeigte eine ernsthafte Hingabe, das zu finden, was diese zu suchen meinten, soweit sie nicht direkt nach bestimmten Titeln fragten. Wenn sie nicht weiter wusste, holte sie eine ihrer Kolleginnen.

Es war ein gewöhnlicher Tag. Das Glöckchen an der Eingangstür zur Buchhandlung ertönte. Aziza dachte sich nichts dabei. Das passierte täglich hunderte Male. Sie füllte Regale im hinteren Bereich mit Neuerscheinungen auf, die frühmorgens der Lieferdienst des Buchgroßhändlers gebracht hatte. Die Kochbücher sahen auch so aus, als müssten sie neu sortiert werden. Alphabetisch war klar. Aber nach Autoren? Nach Titeln? Oder vielleicht nach Ländern? Aziza grübelte, als eine ihrer Kolleginnen auftauchte.

»Kannst du mir helfen. Ich habe da wieder einen Hamdullah. Der kann zwar Deutsch, aber bei der Beschreibung, was er sucht, blicke ich nicht durch. Geht wohl um ein Geburtstagsgeschenk für seine Tochter.«

Aziza legte die drei Bücher wieder auf die Kiste, schob die widerspenstigen Haare hinter die Ohren und benetzte ihre Lippen. »Bin schon unterwegs.«

Der Mann stand mit dem Rücken zu ihr und schaute sich die Bände in den Aufstellern an. Er trug westliche Kleidung, außer einer kurzen Kurta, einem für Afghanen typischen Hemd, das an ihm aussah wie ein weites, über der Hose getragenes Shirt. 

Sie sprach ihn auf Paschtu an und registrierte, dass er zusammenzuckte. Dann drehte er sich um. Er öffnete den Mund, aber sagte keinen Ton. Aziza überkam ein Gefühl vollständiger Lähmung. Er schaute sie an. Von oben nach unten und von unten zurück nach oben. Dort blieb sein Blick auf ihren unbedeckten Haaren hängen. Er drehte sich wortlos um und wollte gehen.

»Vater!«

Er blieb stehen und wendete den Kopf. »Was machst du hier? Wie siehst du aus?«

»Vater«, ihre Stimme klang verzweifelt, »es ist nur für hier, und …«, sie stockte, »niemand hat das von mir verlangt. Es war meine Entscheidung.«

»Und warum dann die unbedeckten Haare?«

»Komm mit. Nicht hier!« Sie packte ihn am Arm und zog ihn nach hinten in die Nähe des Personalraums, wo sie niemand sah.

»Versuche doch zu verstehen. Wir werden hier nie mehr weggehen. Jedenfalls nicht nach Afghanistan. Und ich will sein wie alle hier und nicht immer nur das Kopftuchmädchen.«

Der Vater schluckte. »Und warum arbeitest du hier, wo du dich nicht aufdringlichen Blicken von Männern entziehen kannst?«

Aziza gewann ihre Sicherheit langsam zurück. »Vater, wir sind hier nicht auf dem Bau. Das ist eine Buchhandlung. Hier gibt es Dinge, die mich glücklich machen und mit denen ich mich gerne umgebe. Außerdem verdiene ich Geld!«

»Wofür musst du Geld verdienen?«

»Auch ich brauche manchmal Geld. Und ich will dich nicht immer bitten müssen.« Sie zögerte einen Moment. »Im Gegenteil, ich denke, es wird Zeit, dass auch ich meinen Anteil in die Familienkasse gebe.«

Einen Moment schien er nicht zu wissen, was er sagen sollte. »Die Familie zu ernähren, ist Männersache«, kam dann in wenig überzeugendem Ton.

»Du weißt selbst, dass das nicht stimmt. Ich arbeite gerne hier, und wenn ich dafür Geld bekomme, ist es selbstverständlich, davon einen Teil abzugeben, so wie meine Brüder. Ich fühle mich gut, wenn ich das kann – Mutter wäre jedenfalls stolz auf mich.« Sie erschrak. Diese letzten Worte hätte sie besser für sich behalten.

Ihr Vater schaute sie an und sie bemerkte, dass seine Augen feucht wurden.

»Gib mir dein Kopftuch.« Das kam mehr als Aufforderung denn als Bitte. Sie zögerte. Er wiederholte den Satz und sie wollte ihn nicht noch mehr enttäuschen. Also ging sie an ihren Spind, holte das Kopftuch und reichte es ihm.

Er nahm es, faltete es und steckte es ein.

»Was machst du? Was soll das?«

»Ich möchte es als Erinnerung. Als Erinnerung an mein Kind, das kein Kind mehr ist. Du bist 18 Jahre alt. Du bist erwachsen und entscheidest selbst.« Er schluckte. »Ich habe deine Mutter verloren. Dich will ich nicht verlieren. Ich liebe dich – mit und ohne Kopftuch.«

Er drückte sie an sich und sie spürte, wie eine Träne in ihr Haar fiel und und sich den Weg auf ihren Kopf suchte.

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Wettbewerbe für Selfpublisher

Das Thema Wettbewerbe für Selfpublisher beschließt mit ein paar Anmerkungen das Kapitel „Marketing“. Mancher Leser fragt sich vielleicht, warum dieser Abschnitt nicht im Kapitel „Das Schreiben“ steht. Die ausgelobten Preise werden schließlich für Bücher, Texte und andere wohlgesetzte Worte verliehen. ln der Theorie ist das richtig, im wahren Leben sieht es nicht ganz so aus.

Die meisten der einem größeren Kreis bekannten Wettbewerbe für Selfpublisher werden nicht von unabhängigen Institutionen veranstaltet, sondern sind an kommerzielle Plattformen gebunden wie Amazon mit dem „Kindle Storyteller Award“ oder Tolino Media mit seinem „Newcomer-Preis“. Beide sind Beispiele für viele weitere. Die Idee hinter diesen Wettbewerben ist in gewissem Maß auch die Förderung von guten Büchern und spannender Literatur. In erster Linie machen aber die Veranstalter damit Werbung für sich selbst. Das drückt sich dadurch aus, dass die zum Wettbewerb eingereichten Bücher bei diesen Anbietern erschienen und im Vertrieb sein müssen.

Weiterhin befinden sich unter den Juroren keineswegs nur erfahrene Autoren oder qualifizierte Menschen aus dem Literaturbetrieb, sondern gerne auch bekannte Namen aus ganz anderen Sparten wie bspw. Sportler. Der wahrscheinlich am unabhängigste Wettbewerb ist der Selfpublishing-Buchpreis des Selfpublisher-Verbandes e.V, selbst wenn nahezu alle Partner und Sponsoren aus dem Kreis der Selfpublishing-Dienstleister und Distributoren kommen.

Aber eigentlich geht es an dieser Stelle nicht um die Marketingmöglichkeiten der anderen Seite, sondern um die eigenen. Diese Wettbewerbe und Veranstaltungen sind auch für Autoren hilfreich und wichtig. Das eigene Buch einzureichen, ist mit geringem Aufwand und ohne Kosten möglich. Sollte man zu den Preisträgern gehören, wäre das wunderbar. Die Chancen scheinen bei meist vierstelliger Teilnehmerzahl allerdings überschaubar. Dennoch: Bei nahezu allen Wettbewerben gibt es eine Longlist und eine Shortlist. Die Bücher, die es bis hierher schaffen, werden bereits auf verschiedene Weise präsentiert – auf den Webseiten des Veranstalters, aber auch oft in den angeschlossenen Buchhandlungen oder Vertriebskanälen.

Diese Aufmerksamkeit ist nicht zu unterschätzen, weil die Wettbewerbe für Selfpublisher immer im Fokus von Journalisten und Bloggern stehen. Journalisten und Blogger sitzen – neben Promis und Sportlern – auch in Wettbewerbsjurys. Wenn sich der eine oder andere mit seinem Votum nicht durchsetzt, kann er von einzelnen der eingereichten Bücher so angetan sein, dass er es an anderer Stelle vorstellt. Nicht zu vergessen: Wesen einer Jury ist, dass alle Juroren alle Bücher ihrer Kategorie lesen. Das ist schon mal ein Wort.

Chicago-Chevy-Charleston hatte ich bisher bei zwei Wettbewerben eingereicht, beim Tolino Media Newcomer-Preis und beim Deutschen Selfpublishing Buchpreis. Gewonnen habe ich nichts, aber bei Tolino Media kam ich immerhin auf die Longlist, die letzten zwanzig von Hunderten von Einreichungen. Das finde ich nicht schlecht, zumal ich mein Buch als einen ziemlichen Exoten betrachte zwischen dieser geballten Menge an Fantasy, Thriller und Liebesgeschichten.

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Buchblogs

Buchblogs schienen mir als eine plausible Möglichkeit, Besprechungen zu meinem Buch zu bekommen. Leseexemplare des eigenen Buchs an Zeitungsrezensenten zu schicken, ist Zeit- und Portoverschwendung. Bei 70.000 Verlagsneuerscheinungen pro Jahr muss ein Selfpublisher auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stehen, um in diesen Sphären wahrgenommen zu werden. Bestenfalls macht das Buch in den Redaktionen die Praktikanten glücklich, oder es landet gleich in der Tonne, auch ohne Denis Scheck. So weit meine Vermutung.

Eine alternative Möglichkeit, Öffentlichkeit herzustellen, sind Buchblogger. Von denen gibt es im deutschsprachigen Raum viele Hundert, was die Sache schwer überschaubar macht. Tatsächlich erleichtert wird die Angelegenheit dadurch, dass die meisten auf ihren Webseiten eine sogenannte Blogroll stehen haben. In der ist aufgelistet, welche anderen Buchblogs sie lesen bzw. empfehlen. Die Szene ist jedenfalls intern gut vernetzt. Abgesehen davon, dass die Blogger sich damit gegenseitig Besucher auf die Seiten schicken, sind häufig genannte Blogs ein erster Anhaltspunkt für die eigene Recherche. Im Übrigen gibt es auch eine Webseite, auf der über 1.000 Buchblogs in einem Ranking gelistet sind.

Eine gute Filterwirkung zeigt sich bei Betrachtung der verschiedenen Genres, über welche die Buchblogger schreiben. Wie jeder Leser haben sie bestimmte Vorlieben. Der eine liest nur literarische Romane, manche sind auf Krimis und Thriller spezialisiert, wieder andere bloß auf Romance und Liebesgeschichten. Auffällig viele Blogs werden von Frauen geschrieben. Kein Wunder, dass da oft nur Frauenliteratur (was immer das ist) oder Bücher von weiblichen Autoren besprochen werden. Unter den Bloggern findet sich ebenfalls eine größere Anzahl Buchhändler und Journalisten. Auch nicht erstaunlich, weil die einen sowieso täglich mit Büchern zu tun haben und die anderen professionelle Schreiber sind.

Blogs kommunizieren gerne und vielfältig mit ihren Lesern. Sie informieren meist per Newsletter über neue Beiträge. Außerdem sind fast alle mindestens auf Instagram und Facebook zu finden. Manche twittern auch. Einige Blogs nennen die Menge der Newsletterabonnenten, die Zahl der Follower auf Instagram und Facebook ist immer sichtbar. Das sagt etwas über die Reichweite des Blogs aus (aber nicht, ob die Beiträge tatsächlich gelesen werden). Mit diesen Informationen lassen sich die Buchblogs schnell reduzieren auf solche, die für einen Autor interessant sind. Aber!

Aber viele Blogger wollen dein Buch gar nicht, auch wenn es zu der Auswahl passt, die auf ihrem Blog besprochen wurde. Buchblogger werden mit Anfragen oder Büchern überrannt. Von Selfpublishern sowieso, aber auch von Verlagen, seitdem diese wissen, welchen Einfluss Soziale Medien und Buchblogs haben.

Hinweise, was geht, finden sich für gewöhnlich auf der Kontakt-Seite oder im Impressum des Blogs. Da steht, ob und in welcher Form Anfragen für Buchbesprechungen gewünscht sind. Die meisten Blogger, so weit sie ihre Bücher nicht grundsätzlich selbst kaufen, wollenzunächst Unterlagen, in denen das Buch erkennbar beschrieben wird.

Für meinen Eindruck stehen Buchblogger den Selfpublishern ausgesprochen kritisch gegenüber. Manche begründen das explizit mit den stark vertretenen Genres Science-Fiction und Fantasy, die sie literarisch als minderwertig einstufen. Autoren solcher Bücher finden Trost bei den Bloggern, die sich ausschließlich damit beschäftigen. Die gibt es auch.

Hinter jedem Buchblog stehen Menschen. Und die sind wie alle, die in der Öffentlichkeit arbeiten, dankbar, wenn man ihnen mit Respekt begegnet. Ein persönliches Anschreiben mit freundlichen Worten, was man sich erhofft, wird auf mehr Wohlwollen treffen, als eine unverbindliche Mail, die an „Undisclosed Recipients“ adressiert ist – was klar erkennen lässt, dass mindestens 50 Adressen im Blindkopie-Feld stehen.

Nach Berücksichtigung all dieser Restriktionen, Filter und Blockaden blieben mir 39 Buchblogs, die ich in eine Excel-Liste packte mit Angeben zu Webseite, E-Mail, Inhaber und der Zahl ihrer Abonnenten auf den verschiedenen Kanälen. Dann kürzte ich das Exposé zu meinem Buch deutlich ein und verfasste ein Anschreiben, das ich auch heute, Monate später, exakt so verschicken würde. Darin schrieb ich, warum mir der jeweilige Blog aufgefallen war, ich stellte in zwei Sätzen mein Buch vor und bot an, ein Leseexemplar in gewünschter Form ohne jede Verpflichtung zu schicken. Zeit würde keine Rolle spielen, und wenn es zu keiner Besprechung käme, wäre das auch nicht schlimm. Im Übrigen stände ich mit Hintergrundinformationen oder für Autoreninterviews zur Verfügung. Bei acht der Blogs nahm ich speziellen Bezug auf Bücher, die sie unlängst besprochen hatten bzw. darauf, dass sie sich auf Debütromane spezialisiert hatten.

Ich war zufrieden mit meiner Arbeit und verschickte die Mails mit dem Exposé in der Anlage über eine Woche verteilt, damit ich nicht in der Menge begeisterter Antworten untergehen würde.

Es passierte nicht nichts. Aber auch nicht viel. Insgesamt bekam ich vier Antworten. Optimisten würden sagen: Immerhin 10% Rücklauf. Ich sehe das nüchterner. Von den vier Antworten waren zwei Absagen. Der Rest verharrte in Schweigen.

Zuerst das Positive: Zwei Blogger aus dem hohen Norden, Kiel und Rostock, zeigten sich interessiert und baten um ein Leseexemplar. Nicht ohne den Hinweis, dass es wegen umfangreicher ungelesener Buchstapel länger dauern könnte, bis es an die Reihe kommt. Kein Thema! Zwei Bloggerinnen schickten ausgesprochen freundliche Absagen. Beide wollten ihren Stapel ungelesener Bücher nicht noch höher werden lassen. Ja, das verstehe ich.

Nun das Negative: Von 35 Bloggern bekam ich nicht einmal eine Absage. Ich halte das für schlechtes Benehmen. Wenn sie, wie viele von ihnen behaupten, täglich Anfragen bekommen, sollte es nicht so schwierig sein, eine Standardabsage als Textvorlage zu haben, die man innerhalb von Sekunden über die Antworten-Funktion des Mailprogramms zurückschickt. Es wäre wenigstens ein kleines Zeichen von Respekt, abgesehen davon, dass der Autor danach weiß, woran er ist.

Eine Bloggerin aus Frankfurt hat sogar einen eigenen Benimm-Code für Autorenanfragen auf ihrer Webseite. Da geht es um „höfliche Ansprache“, Anschreiben in „ganzen Sätzen“ und „wir freuen uns wirklich über eure Mails“. Offensichtlich war die Freude doch nicht so groß. Jedenfalls kam auch von ihr keine Antwort.

Es ist also nicht so leicht, von der Blogger-Szene wahrgenommen zu werde, wie es zunächst scheint. Das Ganze erinnerte mich an meine Versuche, bei Literaturagenten gehört zu werden. Man muss sich immer sagen, dass man nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen hat. Und ohne ein Mindestmaß an Frustrationstoleranz sollte man gar kein Buch schreiben.

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Letzter Beitrag: Instagram

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Instagram

Jetzt wird es schwierig, weil das Gewissen ins Spiel kommt. Herr Zuckerberg mit seinem Facebook und Instagram sind nicht jedermanns Sache. Meine jedenfalls nicht. Jeder muss für sich selbst abwägen, ob und wie weit er da mitspielt. Ein totaler Verzicht bedeutet auch einen Verzicht auf die früher angesprochene Sichtbarkeit des Buchs. Ich sprang also über diesen Schatten und schaute, wie die Kollegen so unterwegs sind. Zwei Punkte fielen mir dabei auf:

Klar, das Cover ist bei äußerer Betrachtung der optische Aufhänger eines Buchs. Immer das gleiche Cover vor die Linse zu halten, ist aber noch langweiliger, als jeden Morgen sein Frühstück zu fotografieren und auf Instagram zu teilen. Das Buch allein bringt nicht viel, weil nach drei Posts alle wissen, um was es geht, und ab dann wird es uninteressant.

Der zweite Punkt betrifft die Hashtags, mit denen ein Beitrag nicht nur den eigenen Abonnenten gezeigt wird, sondern auch auf den Seiten des genannten Hashtags. Viele Autoren verlinken ihre Beiträge zu Hashtags-Seiten, auf denen ebenfalls Autoren zu finden sind wie zum Beispiel #autorenaufinstagram, #buchschreiben oder #schriftsteller. Um Interesse bei potenziellen Käufern zu wecken, macht es mehr Sinn, auf Seiten zu verlinken, wo die Leser zu finden sind.

Sinnlos ist, sich mit Hashtag-Seiten einzulassen, auf denen Hunderttausende oder Millionen Beiträge stehen. Auf #Bücher zum Beispiel werden pro Stunde im Schnitt 80 Beiträge gepostet. Eine halbe Stunde nach dem Teilen befindet sich der Beitrag so weit im Keller, dass ihn niemand mehr sieht.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen plante ich meinen Instagram-Auftritt mit einer Bildsprache, die über das Buchcover hinausgehend mehr von den inneren Werten zeigen sollte. Warum nicht bildhafte Buchszenen visualisieren? In meinem Fotoarchiv gibt es große Mengen Bilder von Chicago und den übrigen USA.

Ich habe mir eine Liste aller Orte und Beschreibungen gemacht, die im Buch auftauchen und die man präsentieren kann, ohne zu viel über die Geschichte zu verraten. Das ist mit einem Buch, in dem der Protagonist an namentlich genannten Orten unterwegs ist, einfacher als bei einem Liebesroman. Aber es müssen ja nicht nur Orte sein. Spannend sind auch Dinge, die im Buch eine Rolle spielen, oder die Visualisierung von Gefühlen.

Die entsprechenden Textstellen aus dem Buch habe ich den Bildern zugeordnet. Das ist wie eine kleine Leseprobe, die motiviert, sich Chicago-Chevy-Charleston genauer anzuschauen.

Aus den genannten Gründen bin ich neu auf Instagram. Ich habe bei null angefangen, und man muss nicht denken, die Abonnenten würden einem in Scharen zuströmen. Das braucht Geduld und vor allem Eigeninitiative in der Form, sich auf anderen Instagram-Accounts bemerkbar zu machen.

Sinnvoll ist, Accounts zu abonnieren, die sich mit Büchern und insbesondere mit Buchbesprechungen beschäftigen. Gewöhnlich schaut sich jeder Inhaber eines Accounts an, wer hinter neuen Abonnements steckt. Bei „Likes“ oder „Gefällt mir“ macht man das eher nicht, weil die öfter und leichtfertiger vergeben werden als Abos. Aus solchen Abos entstanden bei mir schon Kontakte, die im Anschluss auch Buchbesprechungen nach sich zogen. Eine bessere und unaufwendigere Art, sein Buch einem Publikum zu präsentieren, gibt es nicht.

Instagram in Verbindung mit einem Blog auf der eigenen Webseite ist eine außerordentlich gute Kombination. Neue Blogbeiträge können auf Instagram einen Teaser oder einen Hinweis bekommen. Auf der Webseite kann ein Instagram-Account entweder über ein Icon im Footer verlinkt werden, oder die letzten Instagram-Posts werden über ein Plugin mit den Bildern referenziert. In beiden Fällen sind Anpassungen in der Datenschutzerklärung der Webseite notwendig.

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Letzter Beitrag: Die Autoren-Webseite

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Die Autoren-Webseite

Die Autoren-Webseite steht fast immer an vorderer Stelle, wenn man sich umschaut, welche Marketingmaßnahmen beim Selfpublishing unentbehrlich sind. Das wundert wenig in Zeiten, zu denen jeder, der ein Produkt oder eine Dienstleistung anbietet, ohne einen ordentlichen Auftritt im Internet selten weit kommt. Trotzdem möchte ich die eigene Autoren-Webseite als unverzichtbares Element etwas relativieren. Ich spreche aus der Erfahrung eines Menschen, der beruflich Webseiten konzipiert, erstellt und als Webmaster betreut hat.

Zum einen verkaufen wir Autoren unsere Bücher nur selten selbst. Üblicherweise bedienen wir uns dafür der unterschiedlichsten Plattformen oder Distributoren. Wenn wir tatsächlich selbst das Wechselgeld verwalten, dann am ehesten bei einer Lesung. Die Distributoren haben nicht nur großartige Webauftritte, auf denen sie die Bücher ausführlich vorstellen, sondern auch Online-Shops, in denen sie diese verkaufen. Ich will damit sagen, dass es im Zweifel mehr Sinn macht, das Buch mit Hinweis auf den Online-Shop zu bewerben, als die eigene Person auf der Autoren-Webseite. Beides ist wichtig, aber die Reihenfolge muss stimmen.

Zum anderen nützt eine noch so geniale Webseite nichts, wenn sie niemand findet bzw. wenn sie niemand besucht. Das hat oft, aber nicht immer die gleiche Ursache. Webseiten werden gefunden, wenn sie gut verschlagwortet oder von allgemeingültigem Interesse sind. Nach der Eingabe „Zahnarzt“ listet mir die Google-Suche alle Zahnärzte in der Umgebung auf. Wenn ich „Autor“ eingebe, fragt mich Google, ob ich „Auto“ meine oder zeigt mir einen Wikipedia-Artikel über die Bedeutung dieses Worts. Das könnte man mit etwas Aufwand sogar ändern, aber welcher Leser sucht im Internet nach dem Begriff „Autor“?

Um die Webseite eines Autors zu finden, muss der Suchende entweder dessen Namen oder den Titel des Buchs kennen. Das wiederum setzt voraus, dass sich das eine oder das andere schon herumgesprochen hat. Summe meiner Rede: Eine Autoren-Webseite ist wichtig, aber als wirksames Marketinginstrument erst dann, wenn der Autor für sein Buch und seine Person ein bisschen getrommelt hat. Erst danach können gute Rezensionen dort verlinkt bzw. zitiert werden oder aktuelle Veranstaltungen wie Lesungen oder die Teilnahme an Wettbewerben ihren Platz finden.

Trotzdem gibt es Gründe, die eigene Webpräsenz möglichst früh auf die Beine zu stellen. Ob früher oder später, es bleibt die gleiche Arbeit. Aber sobald die Seite existiert, gibt es eine Adresse im Netz, die sogenannte URL auf Basis der eigenen Domain, die sinnvollerweise den Namen des Autors enthält. Dieses www-mein-name-de gehört ab dann auf und in alles, was mit dem Buch zu tun hat, vom Impressum des Buchs über das Exposé bis hin zu sämtlichen Buchbeschreibungen auf Plattformen und Ankündigungen.

Zu einem aktiven und wertvollen Marketing-Tool wird die Autoren-Webseite, wenn sie um einen Blog erweitert wird. Damit besteht die Chance, interessanten Content zu generieren, der die Aufmerksamkeit von zunächst Google und dann von Lesern weckt. Wenn die Inhalte im Zusammenhang mit dem eigenen Buch stehen, umso besser. So befeuert das eine das andere. Voraussetzung dafür sind Zeit und Energie, zudem der Wille, über Dinge zu schreiben, die für Leser einen echten Mehrwert bieten. Dazu gehört sicher nicht die Hauskatze, die dem Autor bei der Schreibblockade zuschaut.

Für mich war aus den zuvor genannten Hintergründen die eigene Webseite kein Problem. Es ist eine WordPress-Seite, und mit WordPress ist das Bauen einer Webseite grundsätzlich nicht schwierig. Es erfordert weder Programmierkenntnisse noch ein tieferes Verständnis von Computern oder Software. Außerdem kostet WordPress nichts.

Ohne hier zu tief in die Materie einzusteigen: WordPress ist eine Art Fahrgestell, für das es auch eine Karosserie braucht. Diese Karosserien, in der Fachsprache „Theme“ oder „Template“ genannt, unterscheiden sich nach Design und vor allem nach dem Verwendungszweck. WordPress selbst liefert zwei oder drei Standard-Themes mit, die schlicht, aber brauchbar sind. Wer etwas Hübscheres oder Ausgefalleneres sucht oder von vorneherein ein Theme mit Blog-Funktion will, der hat im Netz eine nahezu unbegrenzte Auswahl. Die schränkt sich unwesentlich ein, wenn man die kostenlosen Themes ausschließt, die im Allgemeinen eher schlecht programmiert sind und von ihren Machern nicht dauerhaft mit Updates versehen werden. 50 bis 70 EUR für ein attraktives und gepflegtes Theme sind eine Investition, die sich langfristig auszahlt. Ein großes Angebot bietet die Firma Themeforest. WordPress ist im Übrigen ein heute so verbreiteter Standard, dass sich spätestens im weiteren Bekanntenkreis jemand damit auskennen sollte.

Wie sehe ich, wer und wie viele Besucher auf meiner Webseite unterwegs waren? Leider gar nicht. Es gibt Mittel und Wege, allerdings setzen die doch Auseinandersetzung mit der Materie voraus. Mit der Google Search Console kann man eine Analyse des Verhaltens von Google im Hinblick auf eine bzw. die eigene Webseite sehen. Das bezieht sich vor allem darauf, mit welchen Suchbegriffen jemand auf die Webseite gelangt ist. Deutlich mehr sieht man mit Google Analytics, aber da geht es ziemlich ins Eingemachte und an Werkzeuge, die in den Hintergrund der Webseite eingebaut werden müssen. Außerdem verkompliziert sich mit jedem dieser Tools die Datenschutzerklärung und wird gefühlt hundert Seiten länger.

Überhaupt, was nützt mir das, wenn ich weiß, wie viele Leute auf meiner Seite waren? Wenig! Eine Webseite ist als elektronische Visitenkarte im Gesamtpaket Marketing absolute Pflicht. Bei einem zusätzlichen Blog sollte die Kommentarfunktion aktiv sein. Da werden sich im Lauf der Zeit Lob und Kritik artikulieren, und die Menge der Kommentare zeigt, ob auf der Seite Bewegung stattfindet oder nicht.

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Buchpreis-Aktionen, Teil 2

Als Erstes nahm ich Kontakt zu XTME auf. Im Rahmen meiner Recherche zu Buchpreis-Aktionen war ich auf ein Interview mit Johannes Zum Winkel gestoßen, der gleich auf mehreren unterschiedlichen Webseiten, darunter XTME, eBooks aus dem Selfpublisher-Bereich vorstellt und auf Buchpreis-Aktionen hinweist. Bereits diese Webseiten machten klar, dass Autoren, die vorgestellt oder Werbung für ihre eBooks machen wollen, ein paar Qualitätsvoraussetzungen erfüllen müssen. Das ist sicher kein Fehler. Die Kriterien definiert allerdings ausschließlich Herr Zum Winkel.

Also schrieb ich Herrn Zum Winkel eine E-Mail, ich wollte gerne Details wissen. Ich habe dabei mein Buch vorgestellt und nach allen Möglichkeiten gefragt, die er für mich bzw. mein Buchprojekt auf seinen Webseiten sieht und wie die Preise für seine kommerziellen Angebote sind. Zurück kam der Vorschlag für ein telefonisches Beratungsgespräch zu knapp 90 EUR/Stunde.

Nun ist Herr Zum Winkel nicht irgendwer, sondern hat laut seiner Vita jahrzehntelang in verantwortlicher Stellung im Buchmarketing gearbeitet. Ich überlegte, dass es kein Fehler wäre, aus diesem Fundus zu schöpfen und vereinbarte einen Termin. Am Tag davor bereitete ich einen Fragenkatalog vor, der vorwiegend auf sein Spezialgebiet Amazon abzielte, wo ja mein eBook veröffentlicht ist. Er betraf aber auch eine ganze Reihe anderer Themen, die ich für mich als relevant erachtete. Dabei ging es um die Frage der Distributoren, den Buchhandel und seine Empfehlungen in Sachen Social Media Tools.

Um 11 Uhr rief Herr Zum Winkel an. Um eine entspannte Gesprächsatmosphäre zu schaffen, wollte ich ihm zunächst in ein paar Sätzen den Hintergrund des Buchs erzählen und die daraus resultierenden Probleme bei der Bestimmung von Keywords und Leserzielgruppen. Nach circa einer Minute unterbrach er mich und übernahm das Reden. Ab diesem Moment war er nur noch schwer zu bremsen. Als Erstes machte er mir klar, dass er nach dem zweiten Absatz des Klappentexts ausgestiegen sei, so langweilig sei der Text. Aha! Das war aber erst der Anfang. Er lief sich jetzt warm.

Als Nächstes kam das Cover dran. Wie man so ein tristes Bild in Grau-Schwarz auf ein Buch setzen könne, das inhaltlich durch die grünen Lande der amerikanischen Provinz führe, das verstände er gar nicht. Und dieses Fahrzeug quer auf einem Hochformat …? Ich hätte doch angeblich Erfahrung im Bereich Fotografie, und sowas ginge überhaupt nicht (Ähh, meint er das jetzt wirklich ernst?). Die Problematik des Covers beleuchtete er ausgiebig in allen Facetten und mit sämtlichen Gesichtspunkten und aus jeder Perspektive. Seine persönliche Schlussfolgerung hieß: Mit diesem Cover und diesem Klappentext hat das Buch absolut keine Marktchance.

Meine Einwände wurden bedingt zur Kenntnis genommen, hatten aber keine Relevanz. Zehn Testleser, darunter eine Buchhändlerin und eine ehemalige Lektorin (jetzt Sachbuchautorin), können also doch irren.

»Haben Sie schon mal gehört, dass ein Verlag Leser über sein Cover abstimmen lässt?«, fragte er mich dann. Nein, habe ich nicht, wäre aber keine schlechte Idee, wenn man sich manches Buch anschaut.

Nach einer halben Stunde war mir klar, was sein Dogma ist: Wenn du Eis verkaufst, verkaufe Erdbeereis am Stiel, weil die Hauptlesergruppe – Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren – am liebsten Erdbeereis am Stiel isst. Und sollte dein Produkt blöderweise Pistazieneis in der Waffel sein, dann verpacke es wenigstens so, dass es aussieht wie Erdbeereis am Stiel.

Für sein stolzes Stundenhonorar hätte ich mindestens erwartet, dass er ein paar konkrete Vorschläge macht, welche Kategorien bei Amazon ich mir genauer anschauen soll. Null! Nada! Tilt! Langsam kam mir der Verdacht, dass Herr Zum Winkel für die Vorbereitung seiner „Beratung“ ausschließlich das Cover und den Klappentext des Buches angeschaut hatte. Nach 65 Minuten, von denen er mir die letzten fünf großzügig als Bonus gewährte, blieb ich zurück mit jeder Menge unbeantworteter Fragen.

Allerdings fand er während der Zeit auch lobende Worte für das von ihm verfasste „Standardwerk“, von dem böse Zungen wiederum behaupten, es sei nur eine Sammlung seiner Blogbeiträge. Ach ja, am Ende hat er auch noch darauf hingewiesen, dass er gegen entsprechende Entlohnung bereit wäre, die passenden Keywords und Kategorien für mein Buch zu analysieren. Das hatte ich eigentlich schon im Rahmen des Beratungsgesprächs erwartet, aber was soll’s …

Der eine oder andere mag denken: Selbst schuld, hättest ja nicht auf die Nummer mit der Beratung einsteigen müssen. Richtig! Aber für eine gute oder wenigstens brauchbare Beratung war ich bereit, diesen Betrag zu bezahlen. Ich hatte allerdings einen kompetenten Gesprächspartner erwartet, der zuhört und zielgenau Fragen beantwortet. Aber wie heißt es? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Blieben noch BuchDeals und KindofBooks. Mit beiden lässt sich problemlos arbeiten. Da steht klar auf der Webseite, was welchen Betrag kostet, dabei bleibt es auch, und niemand versucht, einen auf was Teureres hochzuheben. Beide haben einen professionellen und bedienerfreundlichen Auftritt im Internet, wo man verschiedene Pakete und sogar mehrere Termine im Voraus buchen kann. BuchDeals nennt nach Abschluss der Promotion auch die Anzahl der Klicks, die den Interessenten direkt zur Verkaufsplattform, in meinem Fall zu Amazon, bringt. Welcher der Klicks zu einem Kauf führt, weiß weder BuchDeals noch ich, sondern im Zweifel nur Amazon. Ganz so komfortabel geht es bei KindofBooks nicht zu, dafür ist hier eine Promotion billiger.

Bei beiden buchte ich während der drei Monate, in denen das eBook im KDP Select Programm von Amazon war, zwei Buchpreis-Aktionen im Abstand von sechs Wochen. Laut Auswertung von BuchDeals haben die jeweils um die 40 Klicks generiert, die erste etwas mehr, die zweite ein bisschen weniger. Ich vermute, dass KindofBooks ein ähnliches Ergebnis gebracht hat.

Die Verkaufszahlen des eBooks sind im Zeitraum der Preisaktion (statt 6,99 EUR nur 3,99 EUR) angestiegen. Leider ist es nicht möglich, zu sagen, ob die Preissenkung selbst oder die Hinweise durch BuchDeals und KindofBooks das ausgelöst haben. Wahrscheinlich kam das eine zum anderen.

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Buchmarketing

Um ein Produkt verkaufen zu können, muss seine Existenz erkennbar werden. „Sichtbar machen“, sagen dazu die Marketingleute, wenn sie an dieser Aufgabe arbeiten. Konsumenten schauen aber nicht nur, sie hören auch. Insofern kann man das Produkt alternativ ins Gespräch bringen, oder – für Leser und beim Buchmarketing nicht die schlechteste Idee – es in Zeitungen, Journalen und Rezensionen beschreiben lassen. Das heißt dann merkwürdigerweise „besprechen“.

Nach der Premiere von Chicago-Chevy-Charleston als eBook bei Amazon war ich gespannt, was passieren bzw. wie sich die damit gegebene Sichtbarkeit konkret darstellen würde. In meinen Notizen fand ich folgenden Eintrag:

Ein Tag nach Veröffentlichung. Der erste Moment, in dem einem klar wird, was Nicht-Sichtbarkeit bedeutet. Eingabe in die Amazon-Büchersuchmaske: „Charleston“ > Seite 54, „Chevy“ > Seite 22. Ein Verkauf, und der im Bekanntenkreis, wie eine spätere E-Mail zeigt. Vielleicht braucht es diese harte Kante, um zu verstehen, dass sich auch mittelfristig nichts bewegt, wenn man nicht selbst aktiv wird. Auch dann muss man erst mal sehen, was es unterm Strich bringt. Zu den nächsten Schritten gehört jedenfalls eine einigermaßen schlüssige Buchmarketing-Strategie, was Social Media, Blogs und sonstige Möglichkeiten im Netz angeht.

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