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Debütroman im Selfpublishing: Fazit, Teil 2

Trotzdem, nach über einem Jahr Auseinandersetzung mit der Buchszene meine ich, unterschiedliche Marktstrukturen für Verlagsveröffentlichungen und einem Debütroman im Selfpublishing zu erkennen.

Nach dem, was ich gesehen und erlebt habe, ist das Interesse an Debütautoren bei den größeren und großen Verlagen beschränkt bis nicht vorhanden. Diejenigen, die hier mit ihrem ersten Buch veröffentlicht werden, haben entweder an anderer Stelle literarisch auf sich aufmerksam gemacht, oder wenigstens ihr Name ist so bekannt, dass er als Verkaufsargument Relevanz besitzt. Überspitzt könnte man sagen: Indem die Verlage erst mit hochpreisigen gebundenen Ausgaben, Hörbüchern und unwesentlich günstigeren eBooks den Rahm abschöpfen und dann Monate später das billigere Taschenbuch nachschieben, bedienen sie eine bibliophile Gruppe von Lesern, die literarisch hohe Ansprüche und einen Bücherschrank hat, in dem diese Kleinode der Schreibkunst langfristig ihren Platz finden.

Die Buchhandlungen stützen zumindest unterbewusst diese Abschottung. Sie stöhnen sowieso unter der kaum zu bewältigenden Menge von Verlagsveröffentlichungen und haben ebenfalls wenig Interesse an noch mehr Büchern, die im Zweifel aufwändig bestellt werden müssen und nicht remittierbar sind.

Der Bereich des Selfpublishing hat eine Art Parallelwelt dazu entwickelt. Der „professionelle“ Teil dieser Szene besteht aus langfristig erfolgreichen Selfpublishern, die nicht daran denken, sich mit einem Verlag einzulassen und eine völlig andere Zielgruppe im Visier haben. Oft erscheinen ihre Bücher ausschließlich als eBook im Niedrigpreissegment. Außerdem sind diese eindeutigen Genres zuzuordnen, überwiegend Fantasy, Science-Fiction, Romance oder Thriller. Wichtiges Erfolgselement ist der Seriencharakter. Das Identifikationspotenzial bleibt dem Leser über das Ende des einzelnen Buchs erhalten, wobei die Mehrzahl der Leser Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren sind.

Wer sich jetzt an die Blütezeit der Bastei-Heftromane in den 60ern und 70ern mit Silvia-Gold, Courths-Mahler, Perry Rhodan oder Jerry Cotton erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Die Ähnlichkeit findet sich dabei mehr in der einfachen Lesbarkeit und in den vorhersehbaren Geschichten als im Umfang, der bei den Heftromanen ja knapp bemessen war.

Das mag auf den ersten Blick überspitzt und ein wenig arrogant klingen, aber mein Eindruck wurde immer wieder bestätigt. So erzählte mir Herr Zum Winkel während seiner einstündigen „Kreativberatung“, wie er es nennt, von einem Selfpublisher, der pro Jahr sieben Bücher schreibt und damit 70 TSD EUR pro Monat verdient. Egal ob das stimmt oder ob da bei ihm ein paar Zahlen durcheinander geraten sind, der Satz „Masse statt Klasse“ bekommt hier nochmals eine ganz andere Dimension.

Zwischen diesen beiden Welten klafft eine Lücke. In der finden sich die Debütautoren wieder, die in ihrem Roman eine eigene Geschichte erzählen, welche sich weder einem eindeutigen Genre zuordnen lässt, noch im Blick auf eine definierte Zielgruppe konzipiert ist.

Das Selfpublishing hat die Buchszene ohne Zweifel demokratisiert. Heute kann jeder einen Roman oder ein Sachbuch schreiben und veröffentlichen. Aber das ist nur die halbe Sache. Ein Buch will auch verkauft und gelesen werden, und da ist gar nichts mehr demokratisch. Da herrschen bestehende Strukturen und der Markt.

In der Konsequenz verheißt das für den Autor eines Debütromans mit literarischem Anspruch nichts Positives. Ohne Namen, Referenzen oder Verbindungen hat er bei den Verlagen keine realistische Chance, und als Selfpublisher bewegt er sich in einem Marktumfeld, das ihm bestenfalls mit Neugier, schlechtestenfalls mit Missachtung begegnet.

Aha, da schreibt einer, der sich mit dieser misslichen Situation auskennt. Richtig! Wenigstens etwas. Chicago-Chevy-Charleston verkauft sich zwar, aber weit entfernt von vierstelligen Absatzzahlen, ab denen es bei Verlagen erst wirtschaftlich wird. Immerhin bin ich kein Verlag, und das Buch ist erst seit einem halben Jahr auf dem Markt. Da geht noch was.

Außerdem habe ich den Vorteil, einen erheblichen Teil meines Erfolgs über die persönliche Befriedigung definieren zu können, die ich während des Schreibens und dem Veröffentlichen des Romans erfahren habe.

Nichtsdestoweniger überlegt der Autor, aber auch der Verkäufer in mir, was er bei einem eventuellen weiteren Buch besser machen könnte. Die Situation ist schon mal eine andere. Es ist das zweite Buch und damit kein Debüt. Es gibt Rezensionen und es gibt Verkaufszahlen vom Erstlingswerk, die eine Hochrechnung erlauben, wie diese bei einem Verlagsvertrieb ausgesehen hätten. Ich denke oder ich hoffe, dass so die Reaktion bei den Verlagen positiver wäre. Jedenfalls würde ich deutlich früher auf eine Literaturagentur zugehen, also bereits zu einem Zeitpunkt, wenn der Plot, ein ausgefeiltes Exposé und vielleicht die ersten beiden Kapitel vorliegen. Sollte es dann wieder nichts werden, bleibt die Option, das ganze Projekt auf den Prüfstand zu stellen, bevor es richtig an die Arbeit geht.

Auf keinen Fall werde ich mir einen Protagonisten basteln, der für eine Buchserie in einem gängigen Genre taugt.

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EPILOG

Vor wenigen Tagen habe ich meine befreundete Buchhändlerin getroffen. Sie erzählte von einer Kundin, die mein Buch gekauft hatte. Die Dame wäre eine Woche später wiedergekommen und hätte gefragt, ob sie sich daran erinnern könnte, dass sie dieses Buch gekauft hätte?

»Und, fand sie es furchtbar und wollte es umtauschen?«, fragte ich meine Bekannte.

»Im Gegenteil. Sie war völlig begeistert und fragte, ob es mehr von dir gäbe oder wenigstens was Ähnliches!«

Was will ein Debütautor mehr …

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Roman im Selfpublishing: Fazit, Teil 1

Mein Entschluss, einen Roman im Selfpublishing zu schreiben, kam spontan. Oder sagen wir, er entwickelte sich innerhalb weniger Tage. Eine echte „reifliche Überlegung“ war gar nicht möglich, weil ich überhaupt keine Ahnung hatte, auf was ich mich einließ. Es gab eine Geschichte, und Schreiben bereitete mir schon immer Freude. Was also hatte ich zu verlieren? Nichts! Höchstens ein bisschen Zeit.

Jetzt, nach mehr als einem Jahr, weiß ich, ich wollte keinen Moment der Arbeit missen. Ja, beim ersten Buch würde ich sogar fast alles wieder so machen, wie es gelaufen ist. Bei mir hat der erfolgreiche Abschluss dieses großen und komplexen Projekts ein Gefühl tiefer Befriedigung ausgelöst. Es geht ja nicht nur um das fertige Werk, sondern auch um die Veränderungen in einem selbst. Das Selbstvertrauen für Projekte dieser Art wächst und die gute Laune auch. Und das Buch kommt auf die Liste der Dinge, die einen überdauern – selbst wenn es nur das Pflichtexemplar in der Nationalbibliothek ist.

Über diese emotionalen Momente hinaus spielen auch andere Aspekte eine Rolle. Ich empfand es als spannend und bereichernd, sich auf eine Branche einzulassen, die ich nur vom Hörensagen kannte. In meinem Berufsleben war ich mit den unterschiedlichsten wirtschaftlichen Zweigen und Prozessen konfrontiert, darunter auch im kreativen Bereich, nämlich Film. Die Buchbranche hat da eine ganze Reihe neuer Perspektiven und Erfahrungen hinzugefügt.

Das betrifft einerseits die Literaturagenturen und Verlage, andererseits die Szene des Selfpublishing. Die innere Ansicht von Agenturen und Verlagen blieb mir zwar verwehrt, aber die paar Berührungspunkte von Außen und das, was mir bei Recherchen unterkam, hat ein Bild entstehen lassen, das ich so nicht kannte.

Außerdem komme ich als Autor von einem Roman im Selfpublishing gar nicht umhin, mich um Details zu kümmern, die sonst Aufgaben der Verlage sind. Ich rede insbesondere von sachbezogenen Arbeiten wie Korrektorat, Coverlayouts und Druckvorbereitung. Das empfand ich ausgesprochen lehrreich, weil es die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten wieder auf ein gesundes Maß zurechtstutzt. Ich hielt mich zum Beispiel in Rechtschreibung immer für ziemlich kompetent. Hier in der Praxis gab es allerdings eine Menge von Dingen, die ich nicht wusste oder beherrschte, woran nicht nur die diversen Rechtschreibreformen Schuld tragen. Gott sei Dank gibt es den Duden, der so gesehen unbedingt auf die Liste der hilfreichen Bücher gehört.

Was die alternativen Wege Verlagsveröffentlichung oder Selfpublishing angeht, bin ich immer noch indifferent, vor allem, wenn ich von Debütautoren im Allgemeinen ausgehe. Beide Wege haben Vorteile.

Das Selfpublishing bietet die Möglichkeit, den vollständigen Weg eines Buchs kennenzulernen. Vom Entwickeln einer Geschichte über das Schreiben, die Druckvorbereitung und den Verkauf bis hin zum begleitenden Marketing. Für diejenigen, die Bücher bisher nur als Leser kannten, ist es ein umfassender Blick auf die andere Seite.

Konkret ist man mit einem Roman im Selfpublishing erheblich schneller als ein Verlag, auch weil alle Entscheidungen beim Autor liegen, was ebenfalls ein Vorteil ist. Die relativen Tantiemen pro Buch sind deutlich höher. Was den absoluten Betrag angeht, so hängt der natürlich von der verkauften Stückzahl ab.

Ein Buchverlag wiederum bietet professionelle Begleitung der kreativen Arbeit: Dramaturgie, Stil, Lektorat, Korrektorat, verkaufskompatible Titelauswahl und Covergestaltung. Vor allem die Einflussnahme auf Titel und Cover mag mancher Autor als Eingriff in die persönliche Gestaltungsfreiheit sehen, aber alles andere ist eine deutliche Erleichterung. Das schont übrigens auch die Finanzen derjenigen, die sich ein Korrektorat oder die Druckvorbereitung nicht zutrauen und diese Arbeiten an einen Dienstleister nach Außen geben.

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Buchprojekt: Go Your Own Way – Teil 2

Das Exposé stellt einen elementaren Bestandteil von einem Buchprojekt dar. Kein Mensch und erst Recht kein Agent oder Verleger liest das Buch, um einen Eindruck zu bekommen, um was es geht. Ein vollständiges Exposé (im Gegensatz zum Kurzexposé) enthält eine ausführliche und eine kurze Inhaltsangabe (den sogenannten „Pitch“), eine Kurzbiografie des Autors inklusive Foto, Angaben zum Regionalbezug, Genre und zur Zielgruppe. Je nachdem, für wen das Exposé gedacht ist, auch das Coverfoto und den Klappentext. Bei den Agenturen lässt man Cover und Klappentext tunlichst weg, weil das üblicherweise vom Verlag festgelegt wird. Dafür müssen hier zusätzlich der Arbeitstitel, Angaben über den Stand vom Buchprojekt und voraussichtliche Länge des Manuskripts hinein, außerdem ein paar Sätze zum literarischen Umfeld, also zu vergleichbaren Büchern bzw. Autoren mit ähnlichen Themen.

Das Exposé ist nach dem Anschreiben das erste, was ein Literaturagent liest. Es ist die Visitenkarte von Buch und Autor, und wenn hier beim Leser Zweifel aufkommen, hat man schon verloren. Im Übrigen bieten die Agenturen das Buch mit Hilfe dieses Exposés den Verlagen an. Deshalb ist es wichtig, beim Verfassen jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Für das Exposé von Chicago-Chevy-Charleston habe ich mir mehrere Tage Zeit genommen und jede Fassung immer wieder mit einer Nacht Abstand gelesen und verbessert.

Ist es mit einem Verlag nichts geworden, mausert sich das Exposé erst recht zum ständigen Begleiter. Die vollständige Fassung oder Teile davon braucht man bei einem Buchprojekt ständig, nämlich für sämtliche Verkaufsplattformen, für Werbung im Internet oder auf Flyern, für die Einreichung zu Wettbewerben und vieles mehr.

Die Leseprobe ist das einfachste. Das Manuskript ist die Grundlage dafür und muss lediglich auf die gewünschte Länge gekürzt werden. Diese bewegt sich üblicherweise zwischen zehn und 50 Seiten. In Einzelfällen werden zwei Kapitel oder das komplette Manuskript (so weit vorhanden) angefragt. Ich habe immer die ersten beiden Kapitel als Leseprobe beigelegt, weil das den maximal 30 Seiten entsprach, die die von mir ausgewählten Empfänger haben wollten. Den Wunsch nach „zehn Seiten maximal“ habe ich ignoriert, weil jeder jederzeit aufhören kann zu lesen, wenn es ihm reicht.

Von den neun Agenturen auf meiner Liste habe ich fünf angeschrieben. Nicht gleichzeitig, sondern maximal zwei auf einmal, um – aus heutiger Sicht eine größenwahnsinnige Annahme – nicht mit zu vielen parallel verhandeln zu müssen. Das Feedback war niederschmetternd – weil nicht vorhanden. Ich bekam eine einzige Eingangsbestätigung von einem Auto-Responder.

Ich hatte auch die Agentin angeschrieben, bei der die Sachbuchautorin unter meinen Testlesern ihren Vertrag hat. Diese Testleserin sagte mir aber vorab, die Agentin sei mittlerweile mehr an ihrem Hund interessiert als an neuen Autoren. Insofern wäre das weniger eine Empfehlung als ein Hinweis. Ich dürfe mich jedenfalls gerne auf sie beziehen. Das machte ich und bekam erstaunlicherweise innerhalb Stunden eine Antwort. Die Aussage der Agentin war, sie würde sich meine Materialien im Lauf des kommenden Wochenendes anschauen. Das war das Erste und das Letzte, was ich aus dieser Richtung hörte. Auf ein freundliches Nachfassen mehrere Wochen später kam keine weitere Reaktion.

Ich will nicht ausschließen, dass diejenigen, die in den Agenturen meinen Text in die Hand genommen haben (wenn überhaupt), davon so erschreckt waren, dass ihnen die Worte fehlten. Es würde mich aber wundern. Dennoch, selbst dann ist das ein merkwürdiges Verhalten. Diese Branche hat offensichtlich in Sachen Etikette etwas andere Gebräuche als die sonstige Wirtschaft. Unverständlich, warum man für das Sichten eines Manuskripts acht bis zwölf Wochen benötigt, und noch unverständlicher, warum es offenbar eine Zumutung ist, einen Textbaustein als Absage zu schicken. Und dann verlangen einige noch die Auskunft, wo man sein Manuskript parallel angeboten hat. Das ist wie eine Firma, die fragt, auf welche offenen Stellen ich mich sonst beworben habe. Dafür, dass dies eine Kulturbranche ist, fehlt es im Umgang genau daran: an Kultur.

Im Lauf dieser Wochen, in denen ich auf Antworten wartete, die nicht kamen, verdichtete sich mein Entschluss, bei meinem Buchprojekt auf Literaturagenten und Verlage zu verzichten. Parallel hatte ich angefangen, mich in die Materie von Herstellung und Vermarktung von Büchern im Eigenverlag zu beschäftigen. Dabei tauchte eine Reihe von spannenden Details auf, die ich als eine neue Herausforderung sah.

Und dann stieß ich auf einen ausführlichen Blogbeitrag von Hugh Howey, einem amerikanischen Autor, der mit seiner Wool Trilogie im Selbstverlag ein Millionenpublikum erreichte. Diese Bücher sind mittlerweile als Übersetzung in Verlagsausgaben in circa 17 Ländern erhältlich, aber das amerikanische Original erschien 2012 bei Amazon KDP.

Howeys Beitrag (Writing Insights Part Four: Publishing Your Book) ist eine flammende Fürsprache zugunsten des Selfpublishing, was nicht wundert, wenn man Millionen Exemplare auf diesem Weg verkauft hat. Dennoch sind viele seine Pros und Cons Fakten, die nicht von der Hand zu weisen sind.

Das alles habe ich eine Zeit lang bei mir sacken lassen. Dann stand die Entscheidung: Ich mache das selbst.

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Go Your Own Way – Teil 1

Von vornherein gab es einen Zwiespalt in mir. Wenn man sich sein ganzes Berufsleben mit wirtschaftlichen Dingen beschäftigt hat, wird das Prinzip der Arbeitsteilung zur inneren Überzeugung. Lass Spezialisten ran, wo du selbst keine Ahnung hast. Die Inspektion am Auto machen auch die wenigsten ohne Werkstatt.

Andererseits sehe ich es als eine persönliche Herausforderung, Projekte alleine zu Ende zu bringen und die Systematiken durchblicken zu wollen, die hinter den Dingen stehen. Gäbe es nicht die Möglichkeiten des Selfpublishing, hätte ich mein Buchprojekt wahrscheinlich nicht gestartet. Heißt, ich habe von Anfang an damit gerechnet, das Ding gegebenenfalls selbst durchzuziehen.

Nun vergibt man sich ja nichts bei dem Versuch, einen Verlag bzw. einen Literaturagenten für das eigene Manuskript zu interessieren. Auf dem langen Weg zu einem Vertrag ist ein Aussteigen jederzeit möglich, und wie hier früher beschrieben, bietet eine Verlagsveröffentlichung so viele Vorteile, dass es fahrlässig wäre, nicht wenigstens den Versuch zu machen.

Diese Überlegungen begleiten einen von Anfang an. Sie werden umso deutlicher, je mehr es dem Ende des Schreibens zugeht. Irgendwann schaut man der potenziell frustrierenden Angelegenheit ins Auge und beginnt mit den konkreten Vorbereitungen.

Für den Kontakt mit Agenturen oder Verlagen braucht es nicht viele Unterlagen. Diese sollten aber so gelungen wie möglich sein, um aus der Menge der Einsendungen herauszustechen, die täglich beim Empfänger eintreffen. Ein Vorteil ergibt sich daraus, dass das Exposé für die unterschiedlichsten Zwecke sowieso benötigt wird.

Drei Dokumente sind erforderlich:

  • Anschreiben
  • Exposé
  • Leseprobe

Beim Anschreiben ist das Schwierigste die Frage, wer überhaupt angeschrieben werden soll. Es gibt jede Menge Verzeichnisse von Literaturagenturen, und die Anzahl der dort genannten Adressen liegt in der Größenordnung von über hundert. Das Handbuch für Autorinnen und Autoren (Uschtrin Verlag) ist da hilfreich. Zu jeder Agentur nennt es relevante Details wie die vertretenen Genres, die Ansprechpartner, die Verlage, mit denen zusammengearbeitet wird, und einiges mehr.

Auf dieser Grundlage schaute ich mir anschließend die Webseiten der ausgewählten Agenturen an. Dort bekommt man schnell ein Gefühl und die Fakten, ob eine Agentur zum Manuskript und einem selbst passen könnte. Hier finden sich die Einzelheiten für eine Einreichung: per Mail oder auf dem Postweg, Länge der Textprobe, Wartefrist und die Frage nach Paralleleinsendungen bei anderen Agenturen. Alle, die mir interessant erschienen, habe ich mit diesen Details in eine Excel-Liste gepackt. Wie immer gibt es ein paar Exoten, die keine PDFs nehmen, sondern die Unterlagen als Word-Datei wollen. Eine hatte einen Fragebogen auf der Webseite, der die Grenzen des Datenschutzes sprengte. Solche Agenturen habe ich für mich als unbrauchbar klassifiziert. Unter dem Strich standen schließlich neun Literaturagenturen, die in Frage kamen.

Das Anschreiben kann kurz gehalten werden. Wichtig ist eine namentliche Ansprache. Wenn in den „Kontakten“ der Webseite kein Ansprechpartner genannt wird, ist es in jedem Fall besser, den gesetzlichen Vertreter aus dem „Impressum“ zu nehmen als das wenig verbindliche „Damen und Herren“. Ein Hinweis, warum diese Agentur als die Passende erscheint, macht Sinn. Chicago-Chevy-Charleston hat seinen Ursprung in einem Filmexposé, und das Buch hat nach wie vor eine starke Bildsprache. Für eine Agentur, die die Option einer Filmauswertung explizit auf ihrer Webseite nennt, ist das beispielsweise ein wichtiger Anhaltspunkt. Was Agenturen und Verlage ebenfalls mit Wohlwollen sehen, ist die Bereitschaft zu crossmedialen Aktivitäten für die Buchpromotion. Wer sein Autorendasein mit Social Media Aktivitäten oder einer eigenen Webseite begleitet, sollte das erwähnen. Wenn das Anschreiben einen persönlichen und individuellen Charakter hat und eine klare Aussage mit sich bringt, sind die eigenen Karten jedenfalls besser als mit einer offensichtlichen Massenaussendung.

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Letzter Beitrag: Die Literaturagenturen und ihre Rolle

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Die Literaturagenturen und ihre Rolle

Spätestens jetzt müssen wir über die Literaturagenturen bzw. die Literaturagenten sprechen. Die sind eine Art Mittler zwischen Autoren und Verlagen, wobei sie zunächst die Interessen der Autoren vertreten. Diese Dienstleistung lassen sie sich mit 10–15% der von den Verlagen bezahlten Autorentantiemen vergüten. Die Agenten handeln die Buchverträge aus und prüfen die Tantiemenzahlungen vor Weitergabe an die Autoren. Je nachdem kümmern sie sich um Zweitverwertungen wie den Verkauf von Filmrechten und ggf. um fremdsprachige Buchausgaben, wenn diese Rechte nicht an den Verlag gegangen sind. Die Autoren haben damit einen professionellen Partner, der den Verlagen auf Augenhöhe begegnet und ihnen eine Menge bürokratische Vorgänge abnimmt. Die Verlage wiederum haben so in fast allen Belangen einen Ansprechpartner, den sie kennen und der damit auch ihnen die Arbeit erleichtert bzw. den Aufwand reduziert.

Die Literaturagenturen und Agenten sind außerdem intensiv in die inhaltliche und kreative Arbeit eingebunden. Die Verlage nehmen lieber von den Agenten Buchvorschläge entgegen als von den Autoren, weil damit klar ist, dass die Agentur diesen Autor vertreten würde. Und das macht diese nur, wenn sie von ihm bzw. dem Manuskript überzeugt ist. Die Akquisition von neuen Autoren spielt sich also weitgehend auf einer vorgelagerten Stufe ab. Das ist für die Einreichung von Manuskripten wichtig, weil sich damit neue Ansprechpartner ergeben. Formal sind die meisten Verlage laut ihren Webseiten immer noch bereit, unter gewissen Voraussetzungen Einreichungen zu bearbeiten, in der Praxis macht es aber mehr Sinn, sich gleich an eine der vielen Literaturagenturen zu wenden.

Die Angelegenheit wird damit keineswegs einfacher. Auch die Literaturagenten kümmern sich hauptsächlich um ihre Bestandsautoren. Sie haben weder Zeit noch Lust, sich intensiv mit den Bergen von unverlangten Manuskripten auseinanderzusetzen, die täglich in ihren Posteingang hereinschwappen. Neue Autoren finden sie eher durch Netzwerken, durch aufmerksames Verfolgen der Literaturszene und bei öffentlichen Lesungen. Im Übrigen bewegen sich die Informationen und Bedingungen zu unverlangten Einsendungen auf demselben Level wie bei den Verlagen – inklusive der bis zu drei Monate Wartezeit, innerhalb derer theoretisch eine positive Nachricht erfolgen könnte.

Böse Zungen behaupten, diese drei Monate seien den Abständen geschuldet, in denen die verlags- oder agentureigenen Praktikanten sich der aufgelaufenen Stapel von Einreichungen annehmen und diese im Schnellverfahren abarbeiten müssen. Da bleiben wenige Minuten für jedes Exposé oder Manuskript. In denen wird entschieden, ob eine Arbeit von Monaten literaturpreisverdächtig erscheint oder gleich im Papierkorb landet. Der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung ist nicht geklärt, aber wenn es stimmt, wunderte es mich nicht.

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Letzter Beitrag: Der Buchverlag, das unbekannte Wesen

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Der Buchverlag, das unbekannte Wesen

Wie ein Buchverlag arbeitet, darüber machen sich Debütautoren meist falsche Vorstellungen. Aber das Schreiben des ersten Buchs stellt in vielerlei Hinsicht einen Lernprozess dar. Das ist wichtig zu wissen (oder zu erinnern), weil jeder Debütautor etwas gewinnt, selbst wenn niemand sein Buch kauft. Er gewinnt an Erfahrung und an Wissen, wie manche Dinge laufen.

Zum Beispiel kapiert man an einem bestimmten Punkt, dass ein Buchverlag nicht lauter verträumte Menschen sind, die sich vergeistigt in mehr oder weniger literarischen Manuskripten verlieren, die mit der Post kommen. Wir reden vielmehr von einem Wirtschaftsunternehmen mit genauen Vorstellungen von dem Produkt, das es verkaufen möchte. Der wichtigste Produktionsfaktor (unfreundlich ausgedrückt) sind dabei die Autoren, mit denen der Buchverlag schon zusammenarbeitet und die leserkompatible Manuskripte im gesetzten Zeitrahmen abliefern. Außerdem die erfolgreichen Autoren, die der Verlag gerne hätte, die aber an anderer Stelle bereits untergebracht sind. Wenn es fremdsprachliche Autoren sind, kann man sich immerhin um die Übersetzungsrechte bemühen.

Am allerwenigsten interessieren einen Buchverlag Autoren, die noch nie etwas veröffentlicht haben und die deshalb auch niemand kennt. Und ausgerechnet die schicken in großer Zahl und unverlangt fertige und halbfertige Manuskripte oder zumindest Exposés. Glaubhafte Informationen sprechen von täglichen Einsendungen in mittlerer zweistelliger Zahl bei den großen Publikumsverlagen. Das ist für alle Beteiligten ein Problem.

Nahezu alle Verlagshäuser informieren auf ihren Webseiten im Impressum bzw. unter den Kontakten über ihre diesbezüglichen Regularien. Die sind unterschiedlich, enden aber fast alle mit einer Beschränkung der schieren Menge an Wörtern, die als Exposés, Leseproben etc. geschickt werden dürfen. Einige sind so ehrlich zu sagen, dass sie keine unverlangten Einsendungen akzeptieren und die, die dennoch kommen, ungelesen löschen bzw. ins Altpapier entsorgen. Das klingt hart, ändert aber nichts daran, dass die Mehrzahl der Einsendungen bei den anderen genau das gleiche Schicksal erleiden, nur auf Umwegen.

Teil der Information ist fast immer, nur bei Interesse käme eine Antwort und diese brauche üblicherweise bis zu drei Monate. Gerne verbunden mit dem Hinweis, man solle doch bitte mitteilen, welche anderen Verlage den Text auch bekommen haben. Stellt sich zunächst die Frage, warum die Sichtung eines Texts Monate dauert und nicht Tage oder wenigstens Wochen. Die eigentliche Arbeit wird ja nicht weniger. Weiterhin fängt man an zu grübeln, ob die Wahrheit, nämlich parallele Einsendung an mehrere Verlage, zur sofortigen Disqualifikation führt bzw. die Unwahrheit (»nein, nein, nur an Sie! Sie sind der einzige Verlag, der in Frage kommt«) noch schlimmer ist, weil die Verlagshäuser interne Listen über Einreichungen austauschen. Ich wage die Behauptung, diese Zeit und Mühe investieren sie nicht.

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Letzter Beitrag: Verlag oder Selfpublishing

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Verlag oder Selfpublishing?

Verlag oder Selfpublishing – das ist die große Weggabelung, die der buchschreibende Debütant erreicht, wenn er sein Manuskript als reif für die Veröffentlichung ansieht. Wie geht es jetzt weiter? Nach links oder nach rechts?

Tatsächlich werden sich die meisten Autoren viel früher, wenn nicht von Anfang an Gedanken gemacht haben, welchen Weg sie gehen wollen. Es gibt unendlich viele Informationen und Meinungen zu dem Thema Verlag oder Selfpublishing, und je mehr man liest, desto verwirrender wird es. Aber an dieser Entscheidung geht kein Weg vorbei. Allerdings handelt es sich nur bedingt um eine eigene Entscheidung. Wenn die Verlagsveröffentlichung eine Option ist, redet möglicherweise ein Verlag bei den weiteren Schritten mit. Letztlich lautet die Frage: Mache ich es gleich selbst, oder versuche ich erst, einen Verlag für mein Manuskript zu interessieren?

Einen Verlag von vorneherein auszuschließen, hat für mich aus heutiger Sicht etwas nahezu Masochistisches. Entweder man will sein Ding durchziehen, um zu sehen, wie weit man es ohne fremde Einflussnahme bringt, oder man hat einen hohen Grad an Selbstvertrauen, was die Kommunikation in Social Media bzw. eigenen Netzwerken angeht. Beides setzt im Übrigen Zeit und Geld für Marketingaktivitäten voraus.

Es gibt bestimmte Genres, die sich für Selfpublishing anbieten, nämlich Fantasy und Science-Fiction. In der belletristischen Literatur rangieren sie bei den meisten Verlagen auf hinteren Plätzen. Dafür haben beide Genres einen großen Stamm eingefleischter Fans, die in den sozialen Medien gut organisiert und sichtbar sind. Wenn ein Autor es schafft, das Herz dieser Gemeinde zu erobern, braucht er wohl wirklich keinen Verlag.

Bei einem „normalen“ Debütroman sieht das anders aus. Für den Buchhandel und seine Kunden, aber auch für Zeitungsrezensenten und Literaturblogger hat der Verlag eine positive Filterfunktion. Ein Verlag ist ein auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen. Also muss das Produkt gewisse kommerzielle Kriterien erfüllen: der äußeren Form nach sowieso (Cover, Klappentext, Rechtschreibung), aber auch inhaltlich, was Anforderung an Sprache, Stil und Dramaturgie angeht. Außerdem machen Verlage Marketing. Sie drucken Kataloge, schicken Vertreter in Buchhandlungen und versenden Rezensionsexemplare an die Medien. Damit ist ein Mindestmaß an Öffentlichkeit und Sichtbarkeit gewährleistet.

Mit Verlagstiteln gehen Käufer und Buchhandlungen also ein deutlich geringeres Risiko ein. Beim Buchhandel ist das Risiko weniger ein finanzielles als das des Handlings. Bei 70.000 Verlagsneuerscheinungen (im Jahr 2020) muss der Buchhandel auswählen, weil er nur für einen Bruchteil Präsentationsmöglichkeiten hat. Warum dann das Risiko mit einem selbstverlegten Titel eingehen, der praktisch keine Chancen hat, in überregionalen Zeitungen oder im Fernsehen rezensiert und damit öffentlich gezeigt zu werden? Vertriebstechnisch spricht nahezu alles für den Verlag.

Wo Licht, da Schatten: Die Nachteile müssen ebenfalls genannt werden. Verlage nehmen erheblichen Einfluss auf Form und Inhalt eines Buchs. Die Marketingabteilung hat im Zweifel neue Ideen, was den Titel angeht, die Umschlaggestaltung wird leserkompatibel und aufmerksamkeitswirksam optimiert. Wenn man sich damit abfindet, hat man immerhin weniger Arbeit. Die gewonnene Zeit kann man dann mit den Änderungswünschen des Lektorats verbringen, wobei Stil und Formulierungen noch Petitessen sind. Je nachdem ist dann auch schon mal eine andere Stimmung oder ein neuer Schluss angesagt. Aber immerhin: Ein Verlag machte das nicht, wenn er nicht der Meinung wäre, das Buch ist es wert.

In der Konsequenz heißt das: Kann man sich als Autor an den Gedanken gewöhnen, in der eigenen kreativen Arbeit einen Begleiter zu haben und Einfluss abzugeben? Wenn ja, sollte der Versuch, einen Verlag zu finden, nicht erst gemacht werden, wenn das Manuskript fertig vorliegt. Diese Entscheidung sollte spätestens im fortgeschrittenen Schreibprozess getroffen werden, damit gewünschte Korrekturen direkt eingearbeitet werden können und Änderungen an der Geschichte von vornherein diskutiert und vor dem Schreiben entschieden werden können.

Aber wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, einen Verlag zu finden, der das Risiko mit einem Debütautor eingeht?

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Letzter Beitrag: Korrektorat

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