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Buchprojekt: Go Your Own Way – Teil 2

Das Exposé stellt einen elementaren Bestandteil von einem Buchprojekt dar. Kein Mensch und erst Recht kein Agent oder Verleger liest das Buch, um einen Eindruck zu bekommen, um was es geht. Ein vollständiges Exposé (im Gegensatz zum Kurzexposé) enthält eine ausführliche und eine kurze Inhaltsangabe (den sogenannten „Pitch“), eine Kurzbiografie des Autors inklusive Foto, Angaben zum Regionalbezug, Genre und zur Zielgruppe. Je nachdem, für wen das Exposé gedacht ist, auch das Coverfoto und den Klappentext. Bei den Agenturen lässt man Cover und Klappentext tunlichst weg, weil das üblicherweise vom Verlag festgelegt wird. Dafür müssen hier zusätzlich der Arbeitstitel, Angaben über den Stand vom Buchprojekt und voraussichtliche Länge des Manuskripts hinein, außerdem ein paar Sätze zum literarischen Umfeld, also zu vergleichbaren Büchern bzw. Autoren mit ähnlichen Themen.

Das Exposé ist nach dem Anschreiben das erste, was ein Literaturagent liest. Es ist die Visitenkarte von Buch und Autor, und wenn hier beim Leser Zweifel aufkommen, hat man schon verloren. Im Übrigen bieten die Agenturen das Buch mit Hilfe dieses Exposés den Verlagen an. Deshalb ist es wichtig, beim Verfassen jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Für das Exposé von Chicago-Chevy-Charleston habe ich mir mehrere Tage Zeit genommen und jede Fassung immer wieder mit einer Nacht Abstand gelesen und verbessert.

Ist es mit einem Verlag nichts geworden, mausert sich das Exposé erst recht zum ständigen Begleiter. Die vollständige Fassung oder Teile davon braucht man bei einem Buchprojekt ständig, nämlich für sämtliche Verkaufsplattformen, für Werbung im Internet oder auf Flyern, für die Einreichung zu Wettbewerben und vieles mehr.

Die Leseprobe ist das einfachste. Das Manuskript ist die Grundlage dafür und muss lediglich auf die gewünschte Länge gekürzt werden. Diese bewegt sich üblicherweise zwischen zehn und 50 Seiten. In Einzelfällen werden zwei Kapitel oder das komplette Manuskript (so weit vorhanden) angefragt. Ich habe immer die ersten beiden Kapitel als Leseprobe beigelegt, weil das den maximal 30 Seiten entsprach, die die von mir ausgewählten Empfänger haben wollten. Den Wunsch nach „zehn Seiten maximal“ habe ich ignoriert, weil jeder jederzeit aufhören kann zu lesen, wenn es ihm reicht.

Von den neun Agenturen auf meiner Liste habe ich fünf angeschrieben. Nicht gleichzeitig, sondern maximal zwei auf einmal, um – aus heutiger Sicht eine größenwahnsinnige Annahme – nicht mit zu vielen parallel verhandeln zu müssen. Das Feedback war niederschmetternd – weil nicht vorhanden. Ich bekam eine einzige Eingangsbestätigung von einem Auto-Responder.

Ich hatte auch die Agentin angeschrieben, bei der die Sachbuchautorin unter meinen Testlesern ihren Vertrag hat. Diese Testleserin sagte mir aber vorab, die Agentin sei mittlerweile mehr an ihrem Hund interessiert als an neuen Autoren. Insofern wäre das weniger eine Empfehlung als ein Hinweis. Ich dürfe mich jedenfalls gerne auf sie beziehen. Das machte ich und bekam erstaunlicherweise innerhalb Stunden eine Antwort. Die Aussage der Agentin war, sie würde sich meine Materialien im Lauf des kommenden Wochenendes anschauen. Das war das Erste und das Letzte, was ich aus dieser Richtung hörte. Auf ein freundliches Nachfassen mehrere Wochen später kam keine weitere Reaktion.

Ich will nicht ausschließen, dass diejenigen, die in den Agenturen meinen Text in die Hand genommen haben (wenn überhaupt), davon so erschreckt waren, dass ihnen die Worte fehlten. Es würde mich aber wundern. Dennoch, selbst dann ist das ein merkwürdiges Verhalten. Diese Branche hat offensichtlich in Sachen Etikette etwas andere Gebräuche als die sonstige Wirtschaft. Unverständlich, warum man für das Sichten eines Manuskripts acht bis zwölf Wochen benötigt, und noch unverständlicher, warum es offenbar eine Zumutung ist, einen Textbaustein als Absage zu schicken. Und dann verlangen einige noch die Auskunft, wo man sein Manuskript parallel angeboten hat. Das ist wie eine Firma, die fragt, auf welche offenen Stellen ich mich sonst beworben habe. Dafür, dass dies eine Kulturbranche ist, fehlt es im Umgang genau daran: an Kultur.

Im Lauf dieser Wochen, in denen ich auf Antworten wartete, die nicht kamen, verdichtete sich mein Entschluss, bei meinem Buchprojekt auf Literaturagenten und Verlage zu verzichten. Parallel hatte ich angefangen, mich in die Materie von Herstellung und Vermarktung von Büchern im Eigenverlag zu beschäftigen. Dabei tauchte eine Reihe von spannenden Details auf, die ich als eine neue Herausforderung sah.

Und dann stieß ich auf einen ausführlichen Blogbeitrag von Hugh Howey, einem amerikanischen Autor, der mit seiner Wool Trilogie im Selbstverlag ein Millionenpublikum erreichte. Diese Bücher sind mittlerweile als Übersetzung in Verlagsausgaben in circa 17 Ländern erhältlich, aber das amerikanische Original erschien 2012 bei Amazon KDP.

Howeys Beitrag (Writing Insights Part Four: Publishing Your Book) ist eine flammende Fürsprache zugunsten des Selfpublishing, was nicht wundert, wenn man Millionen Exemplare auf diesem Weg verkauft hat. Dennoch sind viele seine Pros und Cons Fakten, die nicht von der Hand zu weisen sind.

Das alles habe ich eine Zeit lang bei mir sacken lassen. Dann stand die Entscheidung: Ich mache das selbst.

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Go Your Own Way – Teil 1

Von vornherein gab es einen Zwiespalt in mir. Wenn man sich sein ganzes Berufsleben mit wirtschaftlichen Dingen beschäftigt hat, wird das Prinzip der Arbeitsteilung zur inneren Überzeugung. Lass Spezialisten ran, wo du selbst keine Ahnung hast. Die Inspektion am Auto machen auch die wenigsten ohne Werkstatt.

Andererseits sehe ich es als eine persönliche Herausforderung, Projekte alleine zu Ende zu bringen und die Systematiken durchblicken zu wollen, die hinter den Dingen stehen. Gäbe es nicht die Möglichkeiten des Selfpublishing, hätte ich mein Buchprojekt wahrscheinlich nicht gestartet. Heißt, ich habe von Anfang an damit gerechnet, das Ding gegebenenfalls selbst durchzuziehen.

Nun vergibt man sich ja nichts bei dem Versuch, einen Verlag bzw. einen Literaturagenten für das eigene Manuskript zu interessieren. Auf dem langen Weg zu einem Vertrag ist ein Aussteigen jederzeit möglich, und wie hier früher beschrieben, bietet eine Verlagsveröffentlichung so viele Vorteile, dass es fahrlässig wäre, nicht wenigstens den Versuch zu machen.

Diese Überlegungen begleiten einen von Anfang an. Sie werden umso deutlicher, je mehr es dem Ende des Schreibens zugeht. Irgendwann schaut man der potenziell frustrierenden Angelegenheit ins Auge und beginnt mit den konkreten Vorbereitungen.

Für den Kontakt mit Agenturen oder Verlagen braucht es nicht viele Unterlagen. Diese sollten aber so gelungen wie möglich sein, um aus der Menge der Einsendungen herauszustechen, die täglich beim Empfänger eintreffen. Ein Vorteil ergibt sich daraus, dass das Exposé für die unterschiedlichsten Zwecke sowieso benötigt wird.

Drei Dokumente sind erforderlich:

  • Anschreiben
  • Exposé
  • Leseprobe

Beim Anschreiben ist das Schwierigste die Frage, wer überhaupt angeschrieben werden soll. Es gibt jede Menge Verzeichnisse von Literaturagenturen, und die Anzahl der dort genannten Adressen liegt in der Größenordnung von über hundert. Das Handbuch für Autorinnen und Autoren (Uschtrin Verlag) ist da hilfreich. Zu jeder Agentur nennt es relevante Details wie die vertretenen Genres, die Ansprechpartner, die Verlage, mit denen zusammengearbeitet wird, und einiges mehr.

Auf dieser Grundlage schaute ich mir anschließend die Webseiten der ausgewählten Agenturen an. Dort bekommt man schnell ein Gefühl und die Fakten, ob eine Agentur zum Manuskript und einem selbst passen könnte. Hier finden sich die Einzelheiten für eine Einreichung: per Mail oder auf dem Postweg, Länge der Textprobe, Wartefrist und die Frage nach Paralleleinsendungen bei anderen Agenturen. Alle, die mir interessant erschienen, habe ich mit diesen Details in eine Excel-Liste gepackt. Wie immer gibt es ein paar Exoten, die keine PDFs nehmen, sondern die Unterlagen als Word-Datei wollen. Eine hatte einen Fragebogen auf der Webseite, der die Grenzen des Datenschutzes sprengte. Solche Agenturen habe ich für mich als unbrauchbar klassifiziert. Unter dem Strich standen schließlich neun Literaturagenturen, die in Frage kamen.

Das Anschreiben kann kurz gehalten werden. Wichtig ist eine namentliche Ansprache. Wenn in den „Kontakten“ der Webseite kein Ansprechpartner genannt wird, ist es in jedem Fall besser, den gesetzlichen Vertreter aus dem „Impressum“ zu nehmen als das wenig verbindliche „Damen und Herren“. Ein Hinweis, warum diese Agentur als die Passende erscheint, macht Sinn. Chicago-Chevy-Charleston hat seinen Ursprung in einem Filmexposé, und das Buch hat nach wie vor eine starke Bildsprache. Für eine Agentur, die die Option einer Filmauswertung explizit auf ihrer Webseite nennt, ist das beispielsweise ein wichtiger Anhaltspunkt. Was Agenturen und Verlage ebenfalls mit Wohlwollen sehen, ist die Bereitschaft zu crossmedialen Aktivitäten für die Buchpromotion. Wer sein Autorendasein mit Social Media Aktivitäten oder einer eigenen Webseite begleitet, sollte das erwähnen. Wenn das Anschreiben einen persönlichen und individuellen Charakter hat und eine klare Aussage mit sich bringt, sind die eigenen Karten jedenfalls besser als mit einer offensichtlichen Massenaussendung.

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Testleser beim Buch schreiben:

Meine Testleser-Crew waren zehn Leute aus der Verwandtschaft und dem Freundeskreis. Das ist die harmlose Version. Die verschärfte klingt so: Sie bestand aus fünf Frauen, darunter (Achtung Mehrfachnennungen) Germanisten, Buchhändler, eine Autorin von politischen Sachbüchern mit Lektoratserfahrung, eine Lehrerin und eine Psychoanalytikerin. Weiterhin fünf Männer, davon zwei Filmleute, die sich mit Dramaturgie und schönen Bildern auskennen.

Ein so geballtes Potenzial an kritischer Kompetenz und Leselust machte mir beinahe Angst. Aber da musste ich durch.

Ich hatte mir ein mehrstufiges Verfahren ausgedacht. Während die Leseexemplare im Druck waren, schickte ich allen potenziellen Testlesern per E-Mail einen Flyer mit Titelbild und Umschlagtext zusammen mit den ersten beiden Kapiteln als Leseprobe. Damit sollte eine Situation ähnlich wie im Laden geschaffen werden. Die Testleser können sich eine Vorstellung vom Cover und vom Inhalt verschaffen, bevor sie sich entscheiden, das ganze Buch zu lesen.

Im Anschreiben bat ich explizit darum, dass diejenigen, die in der Buchhandlung das Buch auf Basis dieser Infos wieder weggestellt hätten, das auch hier tun. So wollte ich vermeiden, Testleser zu der Lektüre eines Buchs zu zwingen, das sie sich im sonstigen Leseleben niemals zugemutet hätten. Es macht keinen Sinn, jemanden einen Thriller lesen zu lassen, der dieses Genre hasst.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten und waren durch die Bank positiv. Alle wollten das gedruckte Leseexemplar zum Weiterlesen – ein gutes Zeichen.

Im nächsten Schritt verschickte ich die zehn Leseexemplare. Eines behielt ich als Referenz für mich, damit ich die zu erwartenden Kritikpunkte mit Angabe von Seite und Absatz finden konnte.

Parallel hatten die unterschiedlichen Kommentare zur Leseprobe gezeigt, dass es die Sache vergleichbarer und einfacher macht, wenn ich Teile der kommenden Einschätzungen und Wertungen formalisiere. Ich entwickelte einen kurzen Fragebogen, mit dem ich das Feedback strukturieren und statistisch auswerten konnte. Die erste Idee, als „Formular“ ein online ausfüllbares PDF zu nutzen, habe ich schnell aufgegeben. Eine E-Mail, bei der man nur auf „antworten“ klicken muss, um im Zwischenraum der Fragen seine Antworten reinzuschreiben, war die bessere Alternative.

Von früheren Erfahrungen mit Umfragen wusste ich, dass Fragen eindeutig formuliert werden müssen und die Antwort keine intellektuellen Klimmzüge erfordern darf. Deshalb entschied ich mich für eine Kombination aus Bewertungsfragen mit Bitte um Vergabe von (Amazon-) Sternen, um Angabe der jeweils drei besten und schlechtesten Szenen in Form von Stichpunkten und einem zusätzlichen freien Textfeld. Da konnte jeder reinschreiben, was ihm sonst noch zum Buch einfiel.

Das Ganze hatte den Vorteil, dass ich so von allen ein umfassendes Bild über die mich interessierenden Fragen bekam. Für manche Leser ist es ja nebensächlich, wie das Buch von außen aussieht. Aber auch von denen will man eine Einschätzung, inwieweit die Umschlaggestaltung als gelungen empfunden wird.

Die Rückmeldungen erstreckten sich über einen Zeitraum von einem Monat nach Versand der Leseexemplare. Ein Testleser hatte das Buch am Abend nach Eintreffen komplett durchgelesen. So was nenne ich ermutigend!

Mit den Antworten auf die standardisierten Fragen war ich wirklich zufrieden. Die Punkt- Bewertungen lagen überraschend nah beieinander. Dabei zeigte der Daumen insgesamt nach oben. Spätere externe Bewertungen bestätigten das. Aber auch sonst erwies sich das Feedback als ausgesprochen interessant.

Schon nach den Rückläufen der Hälfte der zehn Testleser las ich unterschiedlichste Kommentare im freien Textfeld. Die einen gingen mehr auf den Stil, andere mehr auf die Rechtschreibung und Satzbau ein. Wieder andere machten Anmerkungen zu bestimmen Teilen des Inhalts. Dabei zeigten sich erstaunlich wenige Überschneidungen. Lediglich zwei Testleser hatten übereinstimmend Probleme mit dem Ende des ersten Kapitels. Beide empfanden die Verbindung zwischen Steve und seinem Großvater als nicht intensiv genug beschrieben. Das war auf direkte Nachfrage den Übrigen nicht aufgefallen. Trotzdem habe ich diese Stelle nochmals ausführlicher geschrieben, was der Sache sicher gutgetan hat.

Bemerkenswert fand ich folgende Aussage eines Testlesers. Er schrieb, wenn ich nicht ausdrücklich um eine differenzierte Begutachtung gebeten hätte, wäre seine Bewertung besser ausgefallen. Offensichtlich sind Familienmitglieder oder Freunde als Testleser sogar bereit, kritischer bzw. schlechter zu bewerten. Was sich deutlich zeigt: Sie setzen sich mit dem Text gründlicher auseinander als bei einem Buch ohne Bezug zum Autor.

Widerstände bekam ich seitens einer Testleserin zu spüren, die sich dagegen wehrte, „Punkte“ bzw. „Sterne“ zu vergeben, weil dies eine Bewertung unangemessen verkürze. Auf meine Bitte hin hat sie es doch gemacht, aber das Argument gab mir zu denken. Immerhin bot das freie Textfeld alle Möglichkeiten, die Vergabe der „Sterne“ zu erläutern und Kommentare jeder Richtung anzuhängen.

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Photo by Hosein Ashrafosadat on Unsplash