Lettern im Druckrahmen

Probedrucke – Leseexemplare

In meinen chronologischen Notizen steht am 8. November 2020:

„Gestern hat Biden wahrscheinlich die Wahl in den USA gewonnen, heute habe ich die vorläufig endgültige Textfassung auf das BoD Portal hochgeladen. Die Bastelei auf Papyrus, bis ich das einigermaßen brauchbar formatiert hatte, ist eine eigene Geschichte … So was kann man auch anders einrichten. Ich unterdrücke meine Gedanken an angebissene Äpfel.

Parallel habe ich das Cover-PDF für den Umschlag fertig gemacht, was voraussetzt, dass die endgültige Seitenzahl feststeht, weil davon die Breite des Buchrückens abhängt. So gesehen war das ein wichtiger und glücklicher Tag für mein Buchprojekt. Aber schon wenige Stunden später merkte ich, wie der Rand des Lochs näher kam, in das man nach so lange andauernden Herzensprojekten reinzufallen droht. Es gibt ohne Frage weiterhin viel zu tun, aber zunächst ist der kreative Part abgeschlossen, bis das Feedback der Testleser kommt, die erst versorgt werden müssen. Und das dauert. Die Lieferung der ersten zehn Leseexemplare wird bis zu elf Tagen brauchen.“

Die Bücher von BoD kamen in der Tat elf Tage später. Die Qualität erschien auf den ersten Blick ganz okay. Wenn man genauer hinschaute, sah man die Unterschiede. Das Papier war absolut weiß. Erst später realisierte ich, dass fast alle Taschenbücher auf chamois Papier gedruckt werden. War mein Fehler. Der Blocksatz schien zwar nicht so grauenvoll wie bei „Word“, aber auch nicht richtig gut, und die Textblöcke auf den Seiten waren nicht einheitlich groß – wobei beides keine Frage des Drucks ist. Heute weiß ich, wie viel Ahnung in Sachen Satz und Druck mir damals fehlte.

Beim Titelbild hatte ich mehr erwartet. Das erschien mir eine Spur matschig und für mein Gefühl schlechter als bei den meisten Verlagstaschenbüchern. Wahrscheinlich lag das am Farbraum. Jede Druckerei fragt üblicherweise nach CMYK, alle nicht-professionellen Bildbearbeitungsprogramme liefern nur RGB. Books on Demand redet nicht über dieses Thema. Vermutlich ahnen sie, wie viele Anfragen bei ihrer Hotline kämen, ohne das Problem lösen zu können. Auffällig war weiterhin, dass sich der gesamte Papierblock ein wenig wellte. Er lag nicht so elegant und plan wie bei anderen Büchern.

Am Abend ertappte ich mich, mein eigenes Buch zu lesen – mit großem Spaß. Als das an den Tagen danach immer wieder passierte, fragte ich mich, warum. Ich fühlte mich durch diese „vollständigere“ Form des Texts herausgefordert, nochmals aus einer neuen Perspektive darauf zu schauen.

Die Buchform erzeugt mehr Distanz als ein Manuskript oder der Blick in ein Textverarbeitungsprogramm. Es fällt einem als Autor leichter, den Text objektiv zu sehen, aber auch nur zu lesen, zu lachen und sich darüber zu freuen. Das Kind ist flügge geworden, und der distanzierte Blick macht es nochmals einfacher, Fehler zu finden.

Also: Eine gedruckte Vorab-Auflage dient nicht nur den Testlesern, sondern auch dem Autor!

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Photo by Marco Djallo on Unsplash

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