Hörbuch herstellen und vertreiben

Das Hörbuch liegt im Trend. Der Anteil von Menschen, die regelmäßig Hörbücher hören, steigt stark und stetig an. Waren es 2017 noch 18%, die mindestens einmal im Monat zum Hörbuch griffen, waren es 2024 bereits 46%, also zweieinhalb Mal so viele. Das mag mit dem wachsenden Angebot zu tun haben, aber sicher auch damit, dass beim Hören die Augen nicht gebraucht werden. Dadurch lassen sich Hörbücher beim Autofahren, während des Sporttrainings oder parallel zum Staubsaugen konsumieren.

Kein Wunder, dass auch mehr und mehr Selfpublisher mit dem Gedanken spielen, das eigene Buch zusätzlich als Hörbuch zu veröffentlichen. Nur, wie macht man das in der Praxis?

Es gibt, wie so oft, unterschiedliche Wege: teurere oder weniger teure, professionellere und weniger professionelle. Grundsätzlich kann man sich selbst mit einem Mikrofon vor den Rechner setzen und das Buch vorlesen. Mit ein bisschen Geschick schafft man vielleicht sogar das Mastering – aber ob das Ergebnis die Hörer überzeugt, darf stark bezweifelt werden.

Wer aus dem Vollen schöpfen kann, heuert seinen Lieblingssprecher an und mietet ein erstklassiges Tonstudio inklusive Postproduktion. Aber der Aufwand muss auch einigermaßen zu dem zu erwartenden Ertrag stehen. Und die wenigsten Selfpublisher können davon ausgehen, dass sich ihr Hörbuch tausendfach verkauft. Ich habe den Mittelweg gewählt.

Daisy Montana, mein zweiter Roman ist im Juli 2024 als eBook und Taschenbuch erschienen. Nach mehreren Monaten hatte sich gezeigt, dass die Zustimmung der Leser groß war und die Verkaufszahlen über meinen Erwartungen lagen. An diesem Punkt fing ich ernsthaft an, über eine Hörbuch-Ausgabe nachzudenken. Ich hatte mittlerweile von einer ganzen Reihe Leute aus meinem Bekanntenkreis gehört, sie wären an dem Buch interessiert, aber nicht in Form von Buchstaben – teilweise wegen schlechter Augen, teilweise, weil sie die Zeit auf langen Autofahrten nutzen wollten. Da gab es also einen Markt, der noch einiges versprach.

Bis ein Hörbuch auf dem Markt ist, braucht es eine Reihe von Schritten. Ein Sprecher oder eine Sprecherin liest das Buch. Ein Mikrofon nimmt das in akustisch geeignetem Umfeld auf und speichert es auf einem Computer. Die Aufnahme muss dann nachbearbeitet und gemastert werden. Und schließlich benötigt man auch noch einen Vertrieb, der das Hörbuch an die verschiedenen Händler und Plattformen verteilt.

Das Hörbuch selbst zu sprechen, kam für mich nicht in Frage. Man sollte die eigenen Grenzen kennen, und ich wollte ein Hörbuch, das einem Vergleich in allen professionellen Aspekten standhielt. Ein Tonstudio habe ich auch nicht und mit dem Vertrieb von Hörbüchern hatte ich noch nie was zu tun.

Ich fing an zu recherchieren und lernte auf diversen Sprecher-Webseiten als erstes, dass ein Buch im Umfang von 78 Tsd. Wörtern als Hörbuch über mehr als neun Stunden läuft. Einige dieser Webseiten nannten auch die Preise pro endgefertigter Programmstunde. Diese lagen alle übereinstimmend zwischen dreihundert und vierhundert Euro, wobei hier wichtig ist anzumerken, dass ich nicht nach Synchronsprechern von Hollywoodfilmen gesucht habe. Das ist nochmals eine andere Kategorie. Aber auch im Normalbereich waren also drei bis viertausend Euro für die fertige Aufnahme aufgerufen. Ich schluckte.

Im Lauf des Recherchierens war ich auf den Begriff des „Royalty Share“ gestoßen. Das ist ein Bezahlmodell, bei dem der Sprecher auf einen Teil seiner Gage verzichtet, dafür aber an den Verkaufserlösen beteiligt wird. Es gibt da viele Ausgestaltungsmöglichkeiten, die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand ausschließlich auf eine Tantimenbeteiligung einlässt, dürfte allerdings gering sein. Trotzdem ist das eine Win-win-Situation. Das Risiko des Autors, seine Investition niemals herauszubekommen, sinkt erheblich. Der Sprecher oder die Sprecherin bekommt Jobs, für die sie bei voller Berechnung nie den Auftrag bekommen hätte, hat aber dennoch die Chance, dass sich im Lauf der Zeit die erbrachte Leistung im vollen Umfang bezahlt macht.

Also fing ich an, nach Sprechern zu googeln, auf deren Webseite Royalty Share angeboten wurde. Die Suchergebnisse habe ich weiter gefiltert nach eigenen Aufnahmemöglichkeiten, womit sich die Notwendigkeit eines Tonstudios inklusive der Kosten erledigt. Es blieb eine höhere einstellige Zahl an Sprechern und Sprecherinnen übrig, womit die Reise aber nicht zu Ende war. Gefällt denen dein Buch? Haben sie überhaupt Termine frei? Auf was für eine Form von Royalty Share lassen sie sich ein und – last not least – passt die Stimme zu deinem Buch? Die Frage der passenden Stimme stelle ich deshalb hier ans Ende, weil ich sie in der Realität viel früher beantwortet habe.

Alle Sprecher haben Sprachdemos auf ihren Webseiten und die hört man sich natürlich zuerst an. Außerdem bieten nahezu alle an, einige Minuten aus deinem Buch als Hörprobe aufzunehmen und dir zu schicken.

Meine Suche endete bei Kaja Sesterhenn (oben im Bild). Ihre Stimme gefällt mir, die Hörprobe passte, wir fanden ein gutes Agreement, was ihr Honorar angeht, und sie ist außergewöhnlich technikaffin mit einem eigenen, hervorragend ausgestatteten Tonstudio.

Als Sahnehäubchen hat sie auch noch die Verbindung zu Bookwire, einem Hörbuchvertrieb. Der steht eigentlich nur Verlagen offen, aber Kaja Sesterhenn wird auch von der Agentur Sprecherdatei vertreten, und die hat einen Zugang zu Bookwire, den alle Sprecher der Sprecherdatei nutzen können.

Mitte Januar 2025 wurde das Hörbuch veröffentlicht und war innerhalb weniger Tage nahezu überall da erhältlich, wo es Hörbücher zum Download gibt. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass Hörbücher keine Preisbindung haben. Der Autor kann zwar eine Empfehlung geben, aber letztlich macht jeder Händler seinen eigenen Preis und auch ggf. seine eigenen Rabattaktionen. Einer der vielen Vorteile von Bookwire ist die Möglichkeit, einzelne Hörbuchplattformen auszuschließen. So ist bspw. Spotify dafür bekannt, Hörbücher zu verramschen, und Kaja Sesterhenn und ich waren uns einig, Daisy Montana dort nicht anbieten zu lassen.

Als Leser und Schreiber sind mir Buchstaben vertraut und angenehm. Hörbücher waren in jeder Hinsicht für mich Neuland, und es ist eine neue und positive Erfahrung, nicht nur sich das eigene Buch vorlesen zulassen, sondern auch den Buchfreunden zugänglich zu machen, die lieber hören statt lesen.

Mehr Informationen auf den Webseiten von Kaja Sesterhenn, Sprecherdatei und Bookwire.

Foto: Kaja Sesterhenn; thekreativecompany / Pixabay

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Amazon Advertising – Erfahrungen eines Autors

Beim zweiten Buch ist man in vielerlei Hinsicht klüger als beim ersten, gerade was das Außenrum angeht. Das schützt aber nicht vor neuen Erfahrungen, vor allem wenn man sich bewusst auf sie einlässt.

Meine Bemühungen, einen Verlag für Daisy Montana zu interessieren, waren ebenso vergeblich wie beim ersten Buch. Ich hatte nichts anderes erwartet. Mein Plan ging jetzt dahin, den Vertrieb auf ein preislich attraktives eBook und auf Amazon Select inklusive Kindle Unlimited zu konzentrieren. Außerdem lief noch die Bewerbungsfrist für den Kindle Storyteller Award 2024. Für eine schnelle Sichtbarkeit und ein gutes, zumindest vierstelliges Bestseller-Ranking im Kindle-Shop war ich bereit, Geld in die Hand zu nehmen und in zwei, drei ordentlich ausgestattete Amazon Advertising Kampagnen zu investieren.

Ich saugte alle Informationen über Amazon Ads in mich rein, die ich fand. Je mehr ich las, je mehr ich schaute, um so verwirrender fand ich das alles. Dabei wurde mir aber eines sehr klar: 99% aller Informationen beziehen sich auf Kampagnen für Sachbücher, weil die sich erheblich griffiger darstellen lassen. Wenn ich ein Kochbuch über italienische Küche an den Mann oder die Frau bringen will, gibt es Beschreibungen, Keywords und Kategorien, die dafür eindeutig sind. Aber wer ist die Zielgruppe für einen Roman über künstliche Intelligenz, und mit welchen Begriffen fängt man sie? Gibt man bei Amazon „künstliche Intelligenz“ ein, kommen fast ausnahmslos Sachbücher zurück.

Nach einiger Zeit war ich dennoch so weit, mit drei unterschiedlichen Kampagnen zu starten. Die von Amazon empfohlene Kampagne mit automatischem Targeting hatte ich gestrichen, weil nicht ein einziges der vorgeschlagenen Keywords irgendetwas mit dem Buch zu tun hatte. Dafür hatte ich zwei mit manuellem Keyword Targeting aufgesetzt und eine mit Produkt Targeting, also Buchkategorien und ähnlichen Romanen oder Autoren. Jede war mit einem Tagesbudget von 50 EUR ausgestattet. Nicht dass ich dauerhaft so viel Geld ausgeben wollte. Ich hoffte, auf diese Weise schnell einen Überblick zu bekommen, welche Keywords, Kategorien und Vergleichsbücher für mich funktionierten und welche ich deaktivieren kann. Ich klickte auf GO und …

… es passierte nichts. Es passierte auch nach 48 Stunden noch nichts, von denen ich irgendwo gelesen hatte, dass es dauern könnte, bis Amazon die Kampagnen geprüft und freigeschaltet hat.

Jetzt lernte ich den Amazon Ads Support kennen – eine wichtige Institution und eine echte Erfahrung. Innerhalb von mehreren Wochen wurden sieben „Fälle“ eröffnet, innerhalb derer meist mehrere Nachrichten hin und her gingen. Eine wichtige Erkenntnis war, dass die Bitte um telefonischen Rückruf bei der Amazon-Zentrale im München landet, von wo aus sich fast immer Mitarbeiter meldeten, die tatsächlich das Problem lösen wollten.

Schriftlich geäußerte Anfragen endeten normalerweise in der Region Indien oder Pakistan und wurden entweder mit völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Textbausteinen beantwortet oder mit Hilfe eines Übersetzungstools, das – wie ich später erfuhr – alles, sogar englische Sätze, in die regionale Sprache transferierte und die Antwort zurück ins Deutsche. Alle diese Verbindungen brachten weder mich noch Amazon auch nur einen Millimeter voran.

Der Münchener Support wies mich als erstes darauf hin, dass ich zwei manuelle Keyword-Kampagnen für die gleiche ASIN, also das selbe eBook geschaltet hatte, was zum Totalausfall der Kampagnen führen könnte. Die Idee, einmal auf den „genauen“ Begriff auszurichten (mit der „Wortgruppe“ als negative Ausrichtung) und einmal genau andersherum, hatte ich aus einem YouTube-Totorial. Leider hatte dieser Schwätzer sein uraltes Tutorial mit dem Hinweis „Amazon Ads Update 2024“ verwurstet und genau dieser „Tipp“ erwies sich als mittlerweile komplett kontraproduktiv.

Aber auch, nachdem dieser Fehler behoben war, kamen die beiden übrig gebliebenen Kampagnen nicht in Gang. Der Support redete von mangelnder Relevanz der Keywords, von nicht in Echtzeit angezeigten Daten, von Validierungsprozessen, die bis zu 72 Stunden dauern könnten (die bereits um das Dreifache überschritten waren), und dann von einem internen technischen Problem, das die Auslieferung von Impressionen verhindert hatte. Das sei nun behoben. Nur nicht bei mir, wie ich feststellen musste.

Jetzt griff ich zur Axt. Im übertragenen Sinn. Ich löschte das eBook komplett aus dem KDP Bestand und veröffentlichte es kurz darauf mit einer neuen ASIN. Und siehe da, nach einer Stunde lieferten die Kampagnen die ersten Impressionen aus. Möglicherweise hatte Amazon tatsächlich irgendwelche technischen Probleme, aber wenn, nur mit mit meiner ursprünglichen ASIN. Und die waren mit diesem Radikalschnitt behoben worden.

In der darauf folgenden Zeit fütterte ich Amazon Ads mit einer Menge Geld, immer so zwischen 200 und 300 EUR pro Woche. Dadurch gingen auch die Verkäufe deutlich nach oben, sie standen aber nicht im entferntesten im Verhältnis zu den Ausgaben. Die von Amazon so genannten “Advertising Cost of Sales” (ACOS), also die Werbeinvestitionen im Verhältnis zu den erzielten Tantiemen, lagen nicht, wie zumindest langfristig sinnvoll, unter 100%, sondern durch die Bank weg bei 400-500% mit tageweisen Ausreißern nach oben oder unten. Schließlich wurde mir das zu teuer und ich kürzte das Tagesbudget deutlich.

Allerdings war zwischenzeitlich Daisy Montana in der Bestsellerliste Kategorie „High-Tech Science Fiction“ bis auf Platz 15 gestiegen und blieb mehrere Wochen unter den Top 50, was dem Buch auch organisch einen spürbaren Auftrieb gab und nicht nur Sternebewertungen, sondern auch eine Reihe von erfreulichen Rezensionen brachte.

Ich probierte vieles von dem aus, was Amazon Advertising selbst und auch diverse andere kluge Menschen im Netz so empfehlen: Keywords aussortieren, Gebote erhöhen, Tagesbudget anpassen. Insgesamt zeigte sich, dass Targets auf Kategorien erfolgreicher waren als auf Keywords. Und innerhalb der Keywords brachten die, die eigentlich eine Kategorie wie bspw. „wissenschaftsthriller“ bezeichneten, größeren Erfolg als echte Keywords wie bspw. „ethik in ki“ oder „roboter und künstliche intelligenz“. Eigentlich wundert das nicht, denn wer in der Welt sucht auf Amazon nach Romanen über „ethik in ki“?

Im Moment habe ich mein Tagesbudget auf 15 EUR gesenkt, die nicht ausgenutzt werden, weil auch meine einzelnen Gebote am unteren Rand der Empfehlungen liegen, womit sie selten zum Zug kommen. Ich experimentiere da noch ein bisschen.

Und jetzt der Clou: Für diesen Blog-Post habe ich die Zahlen der vergangenen Woche analysiert und es zeigt sich, was ich bereits beim gelegentlichen Reinschauen in das kdp Dashboard gespürt habe: Die organischen Verkäufe liegen deutlich über dem Ergebnis der Ads. In den letzten sieben Tagen hatte ich 18 Verkäufe von Daisy Montana eBooks und nur zwei davon kamen über Amazon Advertising. Noch besser: Die Zahl der „gelesenen Seiten“ bei Kindle unlimited betrug 7.144, was weiteren 15,6 Büchern entspricht, und nur eine einzige Seite davon wurde von Amazon Ads gemeldet.

Zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich meine Erfahrung wie folgt zusammenfassen: Mir ist unverständlich, wie Romanautoren über Amazon Advertising Bücher verkaufen können, ohne gleichzeitig ein Vielfaches des Erlöses in Ads zu investieren. Vielleicht ist das bei Sachbüchern anders.

Die Verkäufe, die Amazon Ads zweifelsfrei auslöst, sorgen immerhin für eine deutlich erhöhte Sichtbarkeit des Buchs. Das kann in der Tat dazu führen, dass spätestens nach mehrfachem Sehen von Impressionen das Interesse potenzieller Käufer erwacht – insbesondere wenn das Buch in wichtigen Kategorien innerhalb der ersten 50 Ränge steht. Das kann dann möglicherweise zu einem Selbstläufer werden, vor allem wenn sich mittlerweile genügend gute Bewertungen angesammelt haben. Diese kommen bei Kindle eBooks fast zwangsläufig, weil die Leser auf der letzten Seite aktiv aufgefordert werden, eine Bewertung in Form von 1 – 5 Sternen abzugeben.

Insgesamt bedauere ich es nicht, Amazon Ads ausprobiert zu haben. Vielleicht ist damit langfristig sogar eine signifikante Steigerung von Sichtbarkeit und Akzeptanz für Bücher möglich. Für mich ist das aber definitiv nicht messbar, weil ich nicht weiß, wie es ohne gelaufen wäre.

Und ach ja, den Kindle Storyteller Award habe ich auch nicht gewonnen. Dafür ist Daisy Montana offensichtlich doch nicht mainstream genug. Was dem Buch auch irgendwo zur Ehre gereicht …

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Books on Demand: Neue Erfahrungen – Hardcover-Ausgabe mit Schutzumschlag

Noch bevor ich den letzten Satz meines zweiten Buchs Daisy Montana geschrieben hatte, war mit klar, dass ich zwar erneut versuchen würde, einen Verlag bzw. eine Literaturagentur dafür zu finden, ansonsten aber den Vertrieb dieses Mal ausschließlich über Amazon KDP machen will. Dafür gab es verschiedene Gründe. Einer davon war, dass bspw. BoD (Books on Demand) in den drei Jahren, in denen sie die Taschenbuchausgabe meines ersten Romans verkauften, mir knapp 70 EUR Tantiemen bezahlt haben und die kamen größtenteils ebenfalls von Amazon, die das BoD-Taschenbuch auch vertrieben. BoD tut zwar so, als sei mit ihrer ISBN Nummer die Welt zu allen Buchhandlungen offen, unternimmt aber nicht im Mindesten irgendetwas, um es denselben anzubieten oder – erst Recht nicht – es ihnen schmackhaft zu machen. Über die neuesten Erfahrungen mit Verlagen und Vertrieb demnächst mehr an dieser Stelle.

In Sachen Vertrieb wollte ich also nicht mit mehr BoD ins Boot, aber was die Herstellung von Büchern angeht, war mein Vertrauen durchaus noch intakt. In Daisy Montana war nicht nur extrem viel Recherche und damit Zeit, sondern auch viel Herzblut geflossen. Aus diesem Grund wollte ich für Freunde, Familie und mich eine „Friends & Family Edition“ in überschaubarer Auflage produzieren lassen. Ich entschied mich – wenn schon, denn schon – für die aufwändigste Ausstattung, sprich Hardcover mit Schutzumschlag, Fadenbindung und Lesebändchen.

Den Buchsatz machte ich wieder mit Affinity Publisher, eine gute Gelegenheit, die vor drei Jahren mit Mühe aufgebauten Fähigkeiten etwas aufzufrischen. Mein Grafiker passte das Cover an und freute sich über das ungewohnte Platzangebot. Dann lud ich beides bei BoD hoch. Weil der Stückpreis bis zu einer Auflage von 24 Exemplaren gleich bleibt, bestellte ich ein einzelnes Exemplar. Ich wollte diese Gelegenheit nutzen, die Qualität zu beurteilen und gegebenenfalls weitere Textfehler auszumerzen, die erfahrungsgemäß immer noch auftauchen. Es dauerte zwei Wochen, bis die Lieferung angekündigt wurde. Kurz darauf kam das Paket.

Das Bild, das sich zeigte, war gespalten. Das Buch selbst war nicht nur einwandfrei, sondern praktisch perfekt. Ganz anders der Schutzumschlag, dessen ins Buchinnere zeigende Falze sich wellten, als seien sie auf Lockenwicklern aufgespannt gewesen (Bild 1, Bild 2). Außerdem fühlte er sich an wie das Butterbrotpapier, in dem in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Eltern ihren Schulkinder die Brotzeit einwickelten. Ein beschichtetes Zeug mit merkwürdiger, irgendwie klitschiger Textur. Uns Kindern war das damals egal, Hauptsache das Brot war lecker belegt. Nun denn, irgendwas war bei BoD halt schief gegangen, das würde sich richten lassen – dachte ich. Wenn das Buch selbst Mängel hätte, wäre das eindeutig die schlimmere Variante.

Ich sprach mit meinem Grafiker und auch mit einem befreundeten Drucker im Ruhestand. Erster vermutete, das Papier sei gegen die Laufrichtung gedruckt worden, letzterer schüttelte nur den Kopf, was er aber häufig macht, wenn er die Preise von heutigen Digitaldruckereien sieht. „Was erwartest du für die paar Mark, die das nur noch kostet. Da kann doch nichts Vernünftiges bei rauskommen.“

Dann begann die Diskussion mit BoD. Dass die ihre Kunden grundsätzlich mit Vornamen und per du ansprechen, geht ja noch an, auch wenn ich das ein bisschen betont kumpelhaft finde. Klingt so, als säßen wir alle in einem Boot, was definitiv nicht stimmt. Wäre interessant, die Reaktion zu sehen, wenn ich dem CEO eine Mail schreiben würde mit „Moin Marko, Kohle is gerade n’büsschen knapp, hat die Rechnung noch’n Jahr Zeit …?“ Da wäre es sicher schnell vorbei mit dem „du“.

Mit den Details will ich nicht langweilen. BoD schob die Idee mit der falschen Druckrichtung von sich und argumentierte, dass das Laminat (also die Beschichtung, die den Butterbrotpapiereffekt erzeugt) etwas Spannung gehabt hätte. Sie würden ein Ersatzexemplar anfertigen lassen. Sie hatten ein Muster angefertigt, wovon sie auch vorab auch ein Bild schickten, das mich nicht wirklich überzeugte. Es wellte sich zwar nicht, sah aber aus wie die Hügel, die wir damals für unsere Märklin-Eisenbahn-Landschaften zu konstruieren versuchten. Was mir tatsächlich vorschwebte, waren Schutzumschläge ähnlich den vielen Bücher in meinem Regal, bei denen diese plan liegen, als würden sie täglich gebügelt (Bild 3).

Ich habe meine Friends & Family Edition dennoch bei BoD bestellt. Die Bücher selbst sind absolut ohne Makel. Die Schutzumschläge lagen etwas planer, dafür zeigten sie deutliche Knicke und Abblätterungen am Rand, so als wären sie reichlich grob behandelt worden (Bild 4, Bild 5). Es war mir egal, weil ich inzwischen eigene Schutzumschläge in einer regionalen Druckerei hatte drucken lassen. Aber glaube niemand, BoD hätte sich darauf eingelassen, die Bücher für einen Nachlass ohne Schutzumschlag zu liefern. Ich grüble heute noch darüber, ob das ein Zeichen von zu viel oder zu wenig Bürokratie ist.

Wie auch immer. Nach aktuellem Stand kann man mit gutem Gewissen gebundene Bücher bei BoD bestellen, wenn man den Schutzumschlag ausschließlich als Schutz und nicht als Teil des Ganzen sieht. Zum Verschenken macht man ihn eben weg.


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Letzter Beitrag: Daisy Montana – mein zweiter Roman, ein Wissenschaftsthriller

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Buchpreis-Aktionen, Teil 2

Als Erstes nahm ich Kontakt zu XTME auf. Im Rahmen meiner Recherche zu Buchpreis-Aktionen war ich auf ein Interview mit Johannes Zum Winkel gestoßen, der gleich auf mehreren unterschiedlichen Webseiten, darunter XTME, eBooks aus dem Selfpublisher-Bereich vorstellt und auf Buchpreis-Aktionen hinweist. Bereits diese Webseiten machten klar, dass Autoren, die vorgestellt oder Werbung für ihre eBooks machen wollen, ein paar Qualitätsvoraussetzungen erfüllen müssen. Das ist sicher kein Fehler. Die Kriterien definiert allerdings ausschließlich Herr Zum Winkel.

Also schrieb ich Herrn Zum Winkel eine E-Mail, ich wollte gerne Details wissen. Ich habe dabei mein Buch vorgestellt und nach allen Möglichkeiten gefragt, die er für mich bzw. mein Buchprojekt auf seinen Webseiten sieht und wie die Preise für seine kommerziellen Angebote sind. Zurück kam der Vorschlag für ein telefonisches Beratungsgespräch zu knapp 90 EUR/Stunde.

Nun ist Herr Zum Winkel nicht irgendwer, sondern hat laut seiner Vita jahrzehntelang in verantwortlicher Stellung im Buchmarketing gearbeitet. Ich überlegte, dass es kein Fehler wäre, aus diesem Fundus zu schöpfen und vereinbarte einen Termin. Am Tag davor bereitete ich einen Fragenkatalog vor, der vorwiegend auf sein Spezialgebiet Amazon abzielte, wo ja mein eBook veröffentlicht ist. Er betraf aber auch eine ganze Reihe anderer Themen, die ich für mich als relevant erachtete. Dabei ging es um die Frage der Distributoren, den Buchhandel und seine Empfehlungen in Sachen Social Media Tools.

Um 11 Uhr rief Herr Zum Winkel an. Um eine entspannte Gesprächsatmosphäre zu schaffen, wollte ich ihm zunächst in ein paar Sätzen den Hintergrund des Buchs erzählen und die daraus resultierenden Probleme bei der Bestimmung von Keywords und Leserzielgruppen. Nach circa einer Minute unterbrach er mich und übernahm das Reden. Ab diesem Moment war er nur noch schwer zu bremsen. Als Erstes machte er mir klar, dass er nach dem zweiten Absatz des Klappentexts ausgestiegen sei, so langweilig sei der Text. Aha! Das war aber erst der Anfang. Er lief sich jetzt warm.

Als Nächstes kam das Cover dran. Wie man so ein tristes Bild in Grau-Schwarz auf ein Buch setzen könne, das inhaltlich durch die grünen Lande der amerikanischen Provinz führe, das verstände er gar nicht. Und dieses Fahrzeug quer auf einem Hochformat …? Ich hätte doch angeblich Erfahrung im Bereich Fotografie, und sowas ginge überhaupt nicht (Ähh, meint er das jetzt wirklich ernst?). Die Problematik des Covers beleuchtete er ausgiebig in allen Facetten und mit sämtlichen Gesichtspunkten und aus jeder Perspektive. Seine persönliche Schlussfolgerung hieß: Mit diesem Cover und diesem Klappentext hat das Buch absolut keine Marktchance.

Meine Einwände wurden bedingt zur Kenntnis genommen, hatten aber keine Relevanz. Zehn Testleser, darunter eine Buchhändlerin und eine ehemalige Lektorin (jetzt Sachbuchautorin), können also doch irren.

»Haben Sie schon mal gehört, dass ein Verlag Leser über sein Cover abstimmen lässt?«, fragte er mich dann. Nein, habe ich nicht, wäre aber keine schlechte Idee, wenn man sich manches Buch anschaut.

Nach einer halben Stunde war mir klar, was sein Dogma ist: Wenn du Eis verkaufst, verkaufe Erdbeereis am Stiel, weil die Hauptlesergruppe – Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren – am liebsten Erdbeereis am Stiel isst. Und sollte dein Produkt blöderweise Pistazieneis in der Waffel sein, dann verpacke es wenigstens so, dass es aussieht wie Erdbeereis am Stiel.

Für sein stolzes Stundenhonorar hätte ich mindestens erwartet, dass er ein paar konkrete Vorschläge macht, welche Kategorien bei Amazon ich mir genauer anschauen soll. Null! Nada! Tilt! Langsam kam mir der Verdacht, dass Herr Zum Winkel für die Vorbereitung seiner „Beratung“ ausschließlich das Cover und den Klappentext des Buches angeschaut hatte. Nach 65 Minuten, von denen er mir die letzten fünf großzügig als Bonus gewährte, blieb ich zurück mit jeder Menge unbeantworteter Fragen.

Allerdings fand er während der Zeit auch lobende Worte für das von ihm verfasste „Standardwerk“, von dem böse Zungen wiederum behaupten, es sei nur eine Sammlung seiner Blogbeiträge. Ach ja, am Ende hat er auch noch darauf hingewiesen, dass er gegen entsprechende Entlohnung bereit wäre, die passenden Keywords und Kategorien für mein Buch zu analysieren. Das hatte ich eigentlich schon im Rahmen des Beratungsgesprächs erwartet, aber was soll’s …

Der eine oder andere mag denken: Selbst schuld, hättest ja nicht auf die Nummer mit der Beratung einsteigen müssen. Richtig! Aber für eine gute oder wenigstens brauchbare Beratung war ich bereit, diesen Betrag zu bezahlen. Ich hatte allerdings einen kompetenten Gesprächspartner erwartet, der zuhört und zielgenau Fragen beantwortet. Aber wie heißt es? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Blieben noch BuchDeals und KindofBooks. Mit beiden lässt sich problemlos arbeiten. Da steht klar auf der Webseite, was welchen Betrag kostet, dabei bleibt es auch, und niemand versucht, einen auf was Teureres hochzuheben. Beide haben einen professionellen und bedienerfreundlichen Auftritt im Internet, wo man verschiedene Pakete und sogar mehrere Termine im Voraus buchen kann. BuchDeals nennt nach Abschluss der Promotion auch die Anzahl der Klicks, die den Interessenten direkt zur Verkaufsplattform, in meinem Fall zu Amazon, bringt. Welcher der Klicks zu einem Kauf führt, weiß weder BuchDeals noch ich, sondern im Zweifel nur Amazon. Ganz so komfortabel geht es bei KindofBooks nicht zu, dafür ist hier eine Promotion billiger.

Bei beiden buchte ich während der drei Monate, in denen das eBook im KDP Select Programm von Amazon war, zwei Buchpreis-Aktionen im Abstand von sechs Wochen. Laut Auswertung von BuchDeals haben die jeweils um die 40 Klicks generiert, die erste etwas mehr, die zweite ein bisschen weniger. Ich vermute, dass KindofBooks ein ähnliches Ergebnis gebracht hat.

Die Verkaufszahlen des eBooks sind im Zeitraum der Preisaktion (statt 6,99 EUR nur 3,99 EUR) angestiegen. Leider ist es nicht möglich, zu sagen, ob die Preissenkung selbst oder die Hinweise durch BuchDeals und KindofBooks das ausgelöst haben. Wahrscheinlich kam das eine zum anderen.

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Buchpreis-Aktionen, Teil 1

eBooks sind ideal, um mit Buchpreis-Aktionen ihren Verkauf anzukurbeln und gleichzeitig das Ranking innerhalb ihrer Kategorien bei Amazon zu verbessern. Sie sind dafür geeigneter als gedruckte Bücher wegen ihrer höheren Marge, bzw. weil bei den Printausgaben die Gefahr besteht, unter die Herstellungskosten zu geraten. Oder der Preisnachlass ist so gering, dass er von den potenziellen Käufern nicht wahrgenommen wird.

Aus der Natur der Sache heraus sind eBooks preissensitiver als gedruckte Bücher, weil Leser, die sparen wollen oder denen Lesestoff nur bedingten Wert hat, eher zum eBook greifen. Für die ist eine vorübergehende Preisreduktion bspw. von 6,99 EUR auf 3,99 EUR, also um mehr als 40%, ein überzeugendes Kaufargument. Da riskiert man auch einen Titel, von dem man nicht einschätzen kann, ob er dem eigenen Geschmack entspricht. Andererseits bekommt der Autor selbst bei 3,99 EUR noch einiges an Tantiemen.

Mit diesem Preisbeispiel lässt sich auch gut auf einen Umstand hinweisen, der im Eifer des Gefechts gerne übersehen wird. Viele der Informationsportale, auf denen man Buchpreis-Aktionen bekannt machen kann, verlangen, dass das eBook mindestens 40 oder 50% billiger angeboten wird als regulär. Unterhalb eines Verkaufspreises von 2,70 EUR fällt man aber bei Amazon in die eher uninteressante Tantiemenkategorie von 35%. Um das zu vermeiden, muss das eBook regulär mindestens 5,40 EUR kosten. Das sollte bei der Preisfestlegung im Rahmen der Einrichtung bei Amazon mitbedacht werden.

Als ich anfing, mich mit den Details von Buchpreis-Aktionen zu beschäftigen, dachte ich, so richtig was falsch machen kann man da nicht. Bestenfalls geht eine ordentliche Menge eBooks weg, zwar zum herabgesetzten Preis, aber wahrscheinlich an Leser, die es sonst nicht gekauft hätten. Schlimmstenfalls passiert wenig bis gar nichts, aber dafür schienen mir die Kosten der Aktion überschaubar.

Ich hatte mir drei Informationsportale herausgesucht, die Preisaktionen auf ihren Webseiten ankündigen und zum Beginn des Aktionszeitraums das reduzierte eBook in ihren täglichen Newsletter aufnehmen. Hilfreich war dabei wieder ein Blogbeitrag in der Selfpublisherbibel unter dem Titel „Marketing-Tipp: Wo Sie auf Preisaktionen aufmerksam machen können“. Meine Wahl war auf Buchdeals, KindOfBooks und XTME gefallen, die alle drei in dem Beitrag als „die besten Zugpferde“ und als „gratis“ bezeichnet wurden. Möglicherweise habe ich nicht genau genug in den hintersten Ecken der jeweiligen Webseiten gesucht, aber für umsonst habe ich in der Praxis nirgendwo was bekommen.

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Letzter Beitrag: Amazon KDP Select

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Amazon KDP Select

Meine erste aktive Entscheidung in Sachen Marketing war die für das Programm von Amazon KDP Select. Die hatte nichts mit Zielgruppen zu tun, sondern war grundsätzlicher Natur.

Bevor ich als allererstes Format das eBook bei Amazon veröffentlichte, war mir klar, dass die Konzeption und Vorbereitung einer flächendeckenden Erhältlichkeit meines Buchs etwas Zeit brauchte und Ausprobieren bedeutete. Insofern hatte ich wenig Hemmungen, mich mit dem eBook für drei Monate mit Amazon zu verheiraten. Das heißt, ich meldete das eBook von vornherein beim Amazon KDP Select-Programm an, zumal man sich für nicht mehr als jeweils drei Monate festlegt.

Amazon-Kunden mit Kindle Unlimited Abonnement können für einen monatlichen Pauschalpreis eBooks im Select-Programm kostenlos lesen. Die Autorentantiemen werden dabei nach gelesenen Seiten aus einem Gesamttopf bezahlt. Amazon stellt Bücher im SelectProgramm auf gesonderten Webseiten prominenter heraus. Vor allem Autoren, die ihre Neuerscheinungen hier anmelden, hoffen auf die am Anfang wichtigen Rezensionen und Amazon-Sterne. Je positiver und mehr, desto besser.

Das hat bei Chicago-Chevy-Charleston gut funktioniert. eBook-Seiten wurden reichlich gelesen, und die Besprechungen waren überwiegend zustimmend. Um zum Start viele Leute zu erreichen, ist das ein gutes Tool. Wie man sich das Publikum vorstellen muss, das für knapp zehn Euro im Monat all you can read praktiziert, übersteigt allerdings meine Fantasie. Aber in jedem Fall sind das textaffine Menschen, und deren Meinung, ob ein Buch gut verdaulich ist, sollte man nicht unterschätzen.

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Letzter Beitrag: Die Frage der Leserzielgruppe

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Die Frage der Leserzielgruppe

Wer sind meine Leser? Wo finde ich meine Leserzielgruppe? Sobald man sich mit Buchmarketing beschäftigt, also versucht, sinnvolle Maßnahmen zu identifizieren, mit denen sich der Buchverkauf in Gang setzen oder verbessern lässt, trifft man in schöner Regelmäßigkeit auf dieses Thema. Vereinfacht heißt die Frage: In welcher Größe soll ich einen Pullover stricken, wenn ich nicht weiß, ob ihn ein übergewichtiger Endfünfziger tragen wird oder eine zierliche 16-Jährige. Es wird noch schwieriger, wenn es, wie bei einem Buch, um intellektuelle Passgenauigkeit geht.

Im Netz tummeln sich wie gewohnt große Mengen selbsternannter Experten, die zu dem Thema etwas zu sagen haben. Mit ein bisschen Kritikfähigkeit und Filterarbeit lassen sich hier nützliche Hinweise finden. Zwei Problemfelder tauchen dabei auf. Fast alle gehen davon aus, dass – wie beim Pullover stricken – der Autor sich vor dem Schreiben Gedanken über seine Leserzielgruppe macht und Stoff und Schreibstil daran ausrichtet. Außerdem beziehen sich diese Hinweise bevorzugt auf Sachbücher.

Wenn ich herausfinde, dass es eine relevante Gruppe von linkshändigen Golfspielern gibt, die wegen ihrer Pollenallergie grundsätzlich bei Regen spielen, habe ich eine kleine, aber feine Zielgruppe, die ich mit einem Ratgeber hervorragend bedienen kann. Das Buch wird ziemlich sicher seine Käufer finden.

Aber wie schaut die Situation aus, wenn man – wie ich – Stoff für einen Roman hat, dessen Thema und dessen Protagonisten eine Herzensangelegenheit sind? Selbst bei einem Krimi oder Thriller ist das einfacher, weil sich Übeltäter, Verbrechen und Setting relativ gut an die Erwartungen des Publikums anpassen lassen. Ein Roman, der unter völliger Missachtung einer „Zielgruppenspezifizierung“ geschrieben wurde, hat da ein Problem.

Nun kann man darauf hoffen, dass eine interessante, gut geschriebene Geschichte immer ihre Leser finden wird. Vielleicht lässt sich auch der eine oder andere Rezensent mit Reichweite auftun, der sein Lob in die Runde schickt. Aber was ist denn jetzt mit der Zielgruppe?

Zäumen wir das Pferd von hinten auf. Wenn sich ein Buch für eine Zielgruppe schreiben lässt, müsste sich auch eine Zielgruppe für ein Buch finden lassen. Also formulieren wir die üblichen Fragen, mit denen sich ein Leserprofil erstellen lässt, unter diesem Gesichtspunkt des vorhandenen Romans. Die Fragen heißen dann nicht mehr „Für welche Altersgruppe will ich schreiben?“ oder „Welches intellektuelle Umfeld möchte ich ansprechen?“, sondern „Welche Altersgruppe fühlt sich am ehesten von meinem Roman angesprochen?“ und „Wie definiere ich eine Gruppe, die solche Literatur liest?“.

Es gibt eine Reihe weiterer Fragen, die in Bezug auf die Leserschaft gestellt werden sollten. Im Groben unterteilt man vier Gesichtspunkte, nämlich sozioökonomische, demografische und psychografische Aspekte sowie das voraussichtliche Kaufverhalten. Aber was macht man mit diesen neu gewonnenen Erkenntnissen?

Beim Sachbuch ist das einfach. Die Leser werden das Buch finden. Wenn jemand nach „Golf für Linkshänder“ oder „Golf für Allergiker“ sucht, hat man ihn schon beim Wickel, so weit das Buch mit den richtigen Beschreibungen versehen wurde. Beim Roman ist das andersherum. Das Buch muss die Leserschaft finden, die man so mühsam selektiert hat.

Wie geht das? Letztlich über die Kommunikationswege, die zur Verfügung stehen: Klappentext, Buchbeschreibung auf den Verkaufsplattformen und die Verschlagwortung, zum Beispiel bei Amazon. Beim Klappentext oder in der Buchbeschreibung sollte dieser Kreis von geeigneten Käufern direkt angesprochen werden, und das in einer Sprache, die dieser Zielgruppe angemessen ist. Wenn die Leser in der Altersgruppe 40+ sind, dann ist ein zu salopper Ton unangebracht. Also eher „das funktioniert da nicht“ als „das funzt bei denen nicht“.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Umfeld, in dem das Buch seine Leser finden soll. Die „passende“ Gesellschaft sind verständlicherweise Bücher eines ähnlichen Genres. Jede Buchhandlung und jede Verkaufsplattform hat ein mehr oder weniger fein abgestimmtes Kategoriensystem, das weit über die Einteilung „Sachbuch oder Fiktion“ hinausgeht. Ein Roman für die Altersgruppe 40+ passt manchmal, aber eher im Ausnahmefall in die Coming of Age Abteilung.

Interessant sind dabei die Werbemöglichkeiten für Bücher mit Amazon Advertising. Hier lässt sich definieren, in welcher Verbindung mit anderen Büchern das eigene beworben wird. Im Fall von Chicago-Chevy-Charleston bieten sich bspw. Bücher an, deren Handlung in den USA angesiedelt ist oder die von Reisen und Roadtrips erzählen. Weiter gefasst: Das eigene Werk sollte im Umfeld der Literatur präsentiert werden, die nach der eigenen Zielgruppenanalyse von „meinen“ potenziellen Lesern bevorzugt wird.

In diesem Zusammenhang ein paar Worte zum Thema Frauenbuch versus Männerbuch. Bei der Auswahl meiner Testleser hatte ich mich bemüht, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern zu finden. Dabei ging es mir darum, eine soziografische Mischung zu bekommen, wie ich auch versucht habe, möglichst verschiedene Altersgruppen mit einzubeziehen.

Eine der ersten Reaktionen irritiert mich: Dies sei eindeutig ein Männerbuch, hieß es. Diese Auffassung blieb erfreulicherweise die Ausnahme, sie schärfte aber meinen Blick auf die Frage. Ich baute das in den Feedbackbogen für die Testleser ein, wo sich nach der Auswertung aller Antworten eine leichte Tendenz zum „Männerbuch“ ergab. Sechs Testleser, darunter vier Frauen, antworteten mit „weder-noch“, die anderen vier mit „eher ein Männerbuch“.

Warum erzähle ich das? Weil ich Glück gehabt habe. Die Mehrzahl aller Bücherleser sind Leserinnen, also Frauen. Mit einem reinen Männerbuch reduziert man die potenzielle Leserzielgruppe schon um mehr als die Hälfte, ohne dass weitere Lesermerkmale zum Tragen gekommen sind.

Wenn ein Autor gezielt für Frauen oder gezielt für Männer schreibt, ist das etwas anderes. Aber wer vom Grundsatz her alle erreichen will, sollte darauf achten, seine Protagonisten so zu wählen und mit solchen Merkmalen auszustatten, dass sie für beide Geschlechter ein Identifikationspotenzial haben, wenn die Geschichte das zulässt.

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Selfpublisher-Verkaufsplattformen: Tolino Media

Tolino Media war meine nächste Anlaufstelle. Für die Belieferung des Buchhandels hatte ich für mindestens ein Jahr meinen Heimathafen gefunden. Aber das eBook war nach wie vor nur bei Amazon zu bekommen. Dort war es im Select-Programm angemeldet, was sich Amazon mit Exklusivität bezahlen lässt. Das Select-Programm kann jeweils mit Ablauf von 90 Tagen gekündigt werden, und nach drei Monaten war es damit auch gut. Ich hätte es weiter laufen lassen, aber eine größere Angebotsbreite für das eBook schien mir wichtiger.

Nun gibt es eine Reihe eBook Distributoren für Selfpublisher, die keine Exklusivität voraussetzen und daher auch mit Amazon kombinierbar sind. Meine Entscheidung für Tolino Media gründete vor allem darin, dass es das gemeinsame Selfpublishing-Portal der deutschen Buchhandelsketten Thalia, Weltbild, Hugendubel, eBook.de, Osiander und einiger mehr ist. Gleichzeitig werden hier weitere Online-Distributoren wie Apple Books, Google Play oder Kobo angebunden. Die lassen sich für den Vertrieb des eigenen eBooks individuell freigeben. So konnte ich Amazon ausklammern, das ich bereits selbst versorgte. Das hätte ich mit Apple Books und Google Play auch machen können. Aber wer sich mit den Einzelheiten einer Apple Books Anbindung beschäftigt hat, weiß, welche Klimmzüge erforderlich sind, um die notwendige amerikanische Steuernummer zu bekommen. Da ist der Umweg über Tolino Media die bessere Alternative, auch wenn dadurch die Tantiemen geschmälert werden.

Die Entscheidung für Tolino Media machte eine weitere Konvertierung nötig. Amazon benutzt das eigene kpf Format, Tolino Media das weitaus üblichere ePub. Mein Schreibprogramm Papyrus bietet standardmäßig Konvertierung und Export von Texten als ePub an. Das hat auch grundsätzlich funktioniert, allerdings mit einigen Schönheitsfehlern, die so nicht stehenbleiben konnten. Unter anderem hatten die Absätze, die beim Buch normalerweise nur einen Einzug, aber keinen größeren Zeilenabstand haben, genau einen solchen. Absätze mit Leerzeile produzierten zweieinhalb Textzeilen Leerraum. Ich begab mich erneut auf die ermüdende Suche nach der Lösung des Problems. Das wirre Handbuch gab nichts her, aber da ist ja noch der Support. Die Antwort auf meine Anfrage dauerte fünf lange Tage und lautete: „Eigentlich sind die Abstände nur Sache des eBook Readers. Das wird in eBooks bewusst so gehalten. Man sollte, da das gegen die Grundidee verstößt, hier auch eher nicht manipulieren.“

Ich hatte diverse eBook Reader zum Testen an der Hand und in jedem beginnt die erste Zeile in einem neuen Absatz (wohlgemerkt ohne Leerzeile) nur mit Einzug und ohne Abstand. Insofern hielt ich diese Antwort für falsch.

Einerseits ist hier nicht der richtige Ort, um sich über Software auszulassen, andererseits gehört auch das zum Erfahrungsprozess beim Schreiben eines ersten Buchs. Dass ein Programm für 179 EUR (mittlerweile ist es noch teurer) nicht fehlerfrei funktioniert, kann ich gerade noch verstehen, weil es komplett fehlerfreie Software nicht gibt. Aber eine grundlegende Funktion wie die ePub-Konvertierung sollte mit dem Standard funktionieren, der üblich ist. Eine Antwort vom Support nach fünf Tagen ist unterirdisch. Und dann dieser Unsinn, die Abstände seien Sache des eBook Readers … Mag ja sein, aber sie sind eindeutig nicht Sache eines Konvertierungsprogramms! 

Immerhin hatte dieses Dilemma was Positives. So habe ich nämlich Calibre kennengelernt. Calibre ist eine kostenlose Open-Source-Software, mit der sich so ziemlich alles im Zusammenhang mit eBooks machen lässt. Man kann damit eBooks aller Formate herunterladen, lesen, die Sammlung verwalten und vieles mehr. Das Genialste aber ist der integrierte Editor, mit dem sich auch nahezu alle Formate bearbeiten lassen, darunter natürlich ePub und Kindle. Mit Hilfe von Calibre waren nicht nur die Mängel aus der Papyrus-Konvertierung schnell behoben, sondern es ließen sich weiterhin ein paar andere Details aufhübschen, wie Kapitelüberschriften farblich absetzen und Ähnliches.

Der Upload bei Tolino Media lief im Anschluss problemlos. Kurz darauf war das eBook in den diversen Tolino-Shops gelistet. Fünf Tage nach Upload stand es auch bei Apple Books, Google Play und Kobo im Verkaufsangebot.

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Selfpublisher-Verkaufsplattformen: Books on Demand

Ziemlich genau sechs Wochen nach meiner Begrüßung verabschiedete ich mich von Bookmundo und wechselte zu Books on Demand (BoD). Ich hatte mir das gut überlegt, weil ich mich für mindestens ein Jahr binden musste. Letztendlich sah ich keine Alternative mehr.

Bis auf das Impressum und die von Books on Demand kostenlos zur Verfügung gestellte ISBN war das Buch identisch. Ich konnte die nahezu gleiche Druckdatei hochladen. Gleichzeitig nahm ich bei Amazon das Taschenbuch aus dem Programm. Wie gesagt erlaubt BoD keine Parallelveröffentlichungen. Und das Taschenbuch würde über BoD bei Amazon wieder auftauchen.

Die im BoD-Webshop und bei meiner befreundeten Buchhändlerin angegebenen Lieferzeiten waren kaum besser als die von Bookmundo. Hier wurde immerhin der Grund genannt. Während der Pandemie hatten viele Leute die Zeit, Bücher zu schreiben. Außerdem waren unzählige Menschen im Homeoffice, auf Abstand oder schlimmstenfalls in Quarantäne. BoD kam mit dem Drucken nicht mehr nach, versprach aber so schnell wie möglich Abhilfe. Es hatte also nicht an Bookmundo gelegen. Da die am Barsortiment von Libri hängen, lassen sie vermutlich bei BoD drucken.

Trotzdem empfand ich Books on Demand von Anfang an als engagierter, aktiver und mehr als Verlag. Auf der Webseite gibt es einen Blog, der regelmäßig neue Beiträge bringt: Buchvorstellungen, Schreibwettbewerbe, den Autor des Monats und Ähnliches. Auch der Blick in den YouTube-Kanal zeigt den Unterschied. Bei Bookmundo acht Videos, fünf Jahre alt, über Selfpublishing mit Bookmundo. Bei BoD über 70 Videos mit Streams, Lesungen, Workshops, Poetry Slams und Berichten von Buchmessen.

Die Lieferzeiten haben sich im Übrigen tatsächlich normalisiert. Der BoD-Webshop kann sofort liefern, Amazon ebenfalls, und bei den Buchhändlern dürfte es nicht anders sein.

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Selfpublisher-Verkaufsplattformen: Bookmundo

Um dem Buchhandel wenigstens die theoretische Möglichkeit zu geben, das Taschenbuch zu bestellen, entschied ich, auch auf Bookmundo zu veröffentlichen. Das Format mit 12 x 19 cm war so nahe an dem des Amazon-Taschenbuchs, dass die Änderungen an der Druckvorlage kein Problem waren. Ich musste lediglich die Stege bzw. die Ränder um den Textblock verkleinern und das Impressum austauschen. Fertig.

In einer E-Mail beglückwünschte mich Bookmundo zum Stand eines veröffentlichten Autors, mahnte aber im nächsten Satz, mich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen (auf welchen eigentlich?), sondern das Kaufinteresse anzukurbeln. Dafür wurden mir folgende Aktivitäten vorgeschlagen:

  1. Verewigen Sie Ihr Buch, indem Sie ein Exemplar an die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) schicken.
  2. Nehmen Sie Kontakt mit lokalen Medien oder Online-Influenzern und -Communities auf.
  3. Laden Sie Leute zu einer Buchvorstellung ein.

Hmmm, ob das der Weisheit letzter Schluss ist, wagte ich zu bezweifeln. Die Nationalbibliothek zu bemustern, ist eine Pflichtübung, die zum Beispiel BoD für seine Autoren als kostenlosen Service übernimmt. Mit Verkaufsförderung hat das in keinem Fall was zu tun, wie auch die beiden anderen „Tipps“ mehr nach eingebremstem Ankurbeln klangen.

Eigentlich hatte ich solche Aktivitäten auch von Bookmundo erhofft. Auf der eigenen Webseite nennen sie eine Partnerschaft mit mehreren großen Buchhandlungen. Die wären als Initiativabnehmer, gerne mit Remissionsrecht, schon mal erfreulich gewesen. Nur: Da tat sich nichts. Das Buch war zwar flott im Bookmundo-eigenen Webshop gelistet, aber auch hier herrschte Totenstille.

Dafür tauchte es nach einiger Zeit bei Amazon auf – mit einer Lieferzeit von zwei bis drei Wochen. Ich telefonierte mit einer befreundeten Buchhändlerin und bat sie, bei sich im System nachzuschauen. Ja, das Buch sei gelistet und bestellbar mit einer Lieferzeit von 15 Tagen. Da kamen mir erste ernsthafte Zweifel, ob das mit Bookmundo eine gute Idee war.

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