Alte Reiseschreibmaschine auf einem Schreibtisch

Schreibratgeber: How to Write Best Selling Fiction

How to Write Best Selling Fiction von Dean Ray Koontz ist der zweite Schreibratgeber in dieser kleinen Reihe. Dean Ray Koontz ist ein amerikanischer Autor, der für seine Thriller bekannt ist, die Elemente aus Horror, Mystery und Science Fiction miteinander verbinden. Er hat im deutschsprachigen Raum eine feste Lesergemeinde, die aber nicht vergleichbar ist mit amerikanischen Autoren wie Stephen King, John Grisham und ähnlichen. Mit diesen liegt Koontz aber im englischsprachigen Raum nicht nur gleichauf, sondern übertrifft sie teilweise. Sein endgültiger Durchbruch war der 1980 erschienene Roman Whispers (deutsche Ausgabe „Flüstern in der Nacht“), der den Stil seiner zukünftigen Werke prägte. Koontz hat mittlerweile weit über 100 Romane, Novellen und Sammlungen von Kurzgeschichten veröffentlicht. Viele seiner Bücher standen an der Spitze der New York Times Bestsellerliste und wurden in 38 Sprachen übersetzt, was seine internationale Anziehungskraft unterstreicht. Mehrere seiner Werke wurden auch für Film und Fernsehen adaptiert. Warum er in Deutschland nicht bekannter ist, müsste man den Verlag fragen. An seinen Plots oder seinem Stil liegt es definitiv nicht.

1981 veröffentlichte Koontz das Sachbuch How to Write Best Selling Fiction, das leider nur auf Englisch und mittlerweile nur noch antiquarisch zu bekommen ist. Dabei werden meistens absurde Preise von bis zu mehreren Hundert US-Dollar aufgerufen. Man kann es aber ohne Probleme über WorldCat bei vielen Bibliotheken online ausleihen.

Dieser Schreibratgeber, der mit Sicherheit auf einer Schreibmaschine verfasst wurde, hat also ein paar Jahre auf dem Buckel, was aber seiner Klasse und Aktualität keinen Abbruch tut. Koontz schreibt heute mit seinen beinahe 80 Jahren immer noch Bücher und die sind ebenso erfolgreich wie seine früheren.

Von den diversen Büchern über das Schreiben von Büchern ist dieses das umfassendste. Auch daran macht sich fest, dass der Autor selbst Schriftsteller ist und einen unglaublichen Schatz an Erfahrungen hat. Knapp zehn Jahre vor Erscheinen von How to Write Best Selling Fiction hatte Koontz schon einmal einen Schreibratgeber („Writing Popular Fiction“) veröffentlicht, der ihm eine positive Resonanz und unzählige weitere Fragen von Schriftsteller-Aspiranten einbrachte, die er jetzt mit einbezieht. Außerdem hatte er das Gefühl, sich selbst als Autor so viel weiter entwickelt zu haben, dass er auch dieses zusätzliche Know-how mitteilen wollte. How to Write Best Selling Fiction ist also ein Schreibratgeber, der wirklich auf Erfahrung, Kenntnis und Praxis aufbaut, und damit perfekt geeignet ist, sich Rat und Hilfe bei nahezu allen Problemen des Schreibens zu holen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Ratgebern beleuchtet Koontz wirklich ALLE Aspekte der Arbeit am Manuskript. Er beginnt mit dem Erstellen und Strukturieren einer Handlung, wobei er echt originelle Vorschläge hat. Er spielt mit kontrastierenden Wörtern, über spannende Buchtitel, die zu einer Geschichte führen können, bis zu einfach hingeschriebenen ersten Sätzen oder Absätzen, die die Phantasie des Autors so in Gang bringen, dass es zu einem Kreativitätsfluss kommt. Er schreibt über „Action“, die Bewegung innerhalb einer Geschichte, die den Leser am Ball hält, und über die Helden, Hauptfiguren und Charaktere, die im schlechtesten Fall eine Geschichte ruinieren, im besten Fall in den literarischen Himmel heben können. Seine Empfehlungen gehen dabei so weit, die Details einer Figurenbeschreibung bis dahin auszudehnen, dass der Autor die Figur ebenso gut zu kennen meint wie einen eigenen Freund.

Interessant auch sein Kapitel über Plausibilitäten und Motivation, in dem er einen fiktiven warnenden Finger hebt, es nicht zu übertreiben mit all dem, was der Autor in einer Geschichte auffährt, weil sonst irgendwann die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleibt. Weiter geht es mit dem „Hintergrund“ einer Geschichte. Dem Ort, an dem sie stattfindet, Ethnie und sozialer Background der Hauptfiguren, aber auch technische Details. Koontz verdeutlicht das an der Frage, ob ein Schalldämpfer an einem Revolver angebracht werden kann (nein, geht nicht) oder an Pflege und Fütterung eines Schnabeltiers, wo es ebenfalls Sinn macht, sich als Autor kundig zu machen, bevor der wissende Leser das Buch kopfschüttelnd in die Ecke legt.

Schließlich gibt es noch Ratschläge in Sachen Grammatik und Stil. Wer keine Grammatik beherrscht, sollte besser Atomphysiker oder Neurochirurg werden, so sein Credo, und Stil kann man nicht lernen, sondern nur entwickeln. Im Zusammenhang mit Stil kommt Koontz auf den Dialog, den er als ein wichtiges Stilelement sieht, weil eine tägliche Konversation zwischen zwei Menschen immer anders verläuft als ein Dialog im Buch. Er behauptet, Dialoge wären für den Rhythmus einer Geschichte unerlässlich und es würden nur wenige Romane gekauft, die weniger als 20 oder 30 Prozent Dialog enthalten. Über mehrere Seiten werden hier Beispiele für unterschiedliche Dialoge in verschiedenen Situationen gebracht, die sein Anliegen gut verdeutlichen. Überhaupt ist es eine große Qualität von Koontz, alles, was er vermitteln will, an vielen Zitaten aus seinen eigenen Büchern zu verdeutlichen.

Cover

Klar, wie der Titel schon sagt, haben wir es hier mit einem Ratgeber zu tun, der auf das Schreiben von Bestsellern, also Mainstream abzielt. Trotzdem gelten viele der darin gegebenen Hinweise genauso für andere Genres. Spannende, interessante und sympathische Charaktere will der Leser fast immer, um ein gewisses Maß an Identifikationspotenzial zu bekommen, und er ist dankbar für eine plausible Geschichte, die einen realistischen Hintergrund besitzt.

Ein Typ wie Koontz, der laut Wikipedia unglaubliche 500 Millionen Bücher verkauft hat, kann nur über Mainstream reden. Auch er vertritt das Erzählmuster der „Heldenreise“, aber er macht das im Vergleich zu dem ersten Schreibratgeber dieser Reihe „Save the Cat“ (Link) erheblich strukturierter, weniger penetrant und formalistisch und dafür mit anschaulichen Textbeispielen.

Fazit: Wenn jemand auf dem Weg zum Autoren nicht viele, sondern nur einen Ratgeber lesen will, der ein umfassendes Bild mit vielen Beispielen gibt, und das von einem der unbestritten erfahrensten Bestsellerautoren der Welt, dem sei dieser empfohlen.

How to Write Best Selling Fiction von Dean Ray Koontz; ISBN 978-0898790450

Photo by Daria Kraplak on Unsplash

Die meisten Autoren längerer Geschichten haben wahrscheinlich diverse Schreibratgeber im Regal stehen. Warum auch nicht? Es ist deutlich effizienter, sich spezielle Kenntnisse von professionellen Autoren anzueignen, als entsprechende Erfahrungen selbst machen zu müssen. Wie alles sind aber auch Schreibratgeber unterschiedlicher Qualität und sie beleuchten verschiedene Aspekte des selben Themas. In dieser Reihe möchte ich ein paar Worte über die Schreibliteratur verlieren, die ich gelesen habe und die möglicherweise auch für andere interessant sein könnte. Die Zielgruppen dieser Ratgeber unterscheiden sich teilweise aber erheblich.

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